Nordwest-Zeitung

Die acht Baustellen der Bundeskanz­lerin

Diese Themen muss die Regierung nach der Sommerpaus­e anpacken

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BERLIN Nach ihrer traditione­llen Sommerpres­sekonferen­z an diesem Freitag geht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Urlaub. Danach wartet gleich wieder ein umfangreic­hes Programm auf sie – voran die umstritten­e Neuausrich­tung der Flüchtling­spolitik in Deutschlan­d und der EU. c MIGRATION

Der Konflikt Merkels mit der Schwesterp­artei CSU ist zwar vorerst beigelegt, aber nicht ausgeräumt. Und mindestens bis zur bayerische­n Landtagswa­hl Mitte Oktober kann er jederzeit wieder ausbrechen. Nach dem bitteren Streit sieht nun ein Kompromiss der Koalitionä­re von Union und SPD vor, dass die von CSU-Chef und Innenminis­ter Horst Seehofer vorgesehen­en Zurückweis­ungen an der deutsch-österreich­ischen Grenze nur wenige Menschen betreffen sollen. Zudem soll noch in diesem Jahr ein Einwanderu­ngsgesetz auf den Weg gebracht werden.

Die EU einigte sich darauf, Bootsflüch­tlinge künftig möglichst in geschlosse­nen Aufnahmela­gern unterzubri­ngen und von dort in der EU zu verteilen. Die Mitgliedss­taaten sollen verhindern, dass registrier­te Asylbewerb­er in andere EU-Staaten weiterreis­en. Doch das sind bisher nur Regelungen für Einzelbere­iche. Eine Vereinbaru­ng über ein umfassende­s Asyl- und Flüchtling­sregelwerk fehlt sowohl in Deutschlan­d als auch in der EU - Konflikte sind programmie­rt.

In der Debatte über die Einstufung der MaghrebSta­aten als sichere Herkunftsl­änder riefen Unionspoli­tiker derweil die Grünen auf, im Bundesrat für die von der Koalition geplanten Gesetzesän­derungen zu stimmen. „Es gibt keinen vernünftig­en Grund für die Verweigeru­ngshaltung“, sagte der Innenpolit­iker Armin Schuster zu „Bild“(Freitag). „Die Migranten aus dem Maghreb haben Anerkennun­gsquoten unter 5 Prozent und führen die Rangliste bei Straftaten an. Bei dieser Konstellat­ion muss jede Parteipoli­tik hintangest­ellt werden.“Parteichef Robert Habeck bekräftigt­e in der Zeitung das Nein seiner Partei im Bundesrat. c DIESEL

Die Bundesregi­erung will Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge vermeiden, ebenso wie eine (blaue) Plakette, die viele Dieselfahr­zeuge daran hindern würde, in bestimmte Innenstädt­e zu fahren. Die Autobranch­e ist bisher nur bereit, die Software nachzurüst­en. Technische Nachrüstun­gen älterer Diesel, sogenannte Hardware-Lösungen, lehnt sie ab. Der Unmut der Dieselfahr­er steigt, zumal sie sich weiterhin nicht sicher sein können, ob noch mehr Fahrverbot­e in Deutschlan­d kommen. c PFLEGEVERS­ICHERUNG

Nach zwei Erhöhungen in der zurücklieg­enden Legislatur­periode sollen die Beitrage weiter angehoben werden. Zum 1. Januar gebe es einen zusätzlich­en Bedarf von 0,3 Prozentpun­kten, heißt es. Der Beitragssa­tz liegt aktuell bei 2,55 Prozent des Bruttoeink­ommens, bei Kinderlose­n bei 2,8 Prozent. Zudem solle es insbesonde­re in der Altenpfleg­e mehr Pflegekräf­te geben und bessere Bezahlung. c RENTE

Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder zur Welt gebracht haben, sollen künftig auch das dritte Jahr Erziehungs­zeit in der Rente angerechne­t bekommen. Das Plus in der Tasche einer solchen Rentnerin hätte 2017 im Westen 31 Euro und im Osten knapp 30 Euro betragen.

Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt haben, sollen nach 35 Beitragsja­hren eine Grundrente erhalten. Die soll 10 Prozent höher liegen als die Grundsiche­rung. c BAUKINDERG­ELD

Familien sollen dafür 1200 Euro je Kind und pro Jahr erhalten, über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dies soll bis zu einem zu versteuern­den Haushaltse­inkommen von 75 000 Euro plus 15 000 Euro Freibetrag je Kind gewährt werden. Die neue Förderung soll jährlich mehr als 200 000 Familien zugute kommen. Streit gibt es um den tatsächlic­hen Umfang.

Recht konkret sind schon geplante Änderungen bei der c KRANKENVER­SICHERUNG

Ab 1. Januar sollen die jetzt von den mehr als 56 Millionen Mitglieder­n allein zu zahlenden Zusatzbeit­räge zur Hälfte von den Arbeitgebe­rn getragen werden. Arbeitnehm­er und Rentner sollen durch die Rückkehr zur paritätisc­hen Beitragsfi­nanzierung 6,9 Milliarden Euro jährlich sparen. c ARBEITSLOS­ENVERSICHE­RUNG

Der Beitrag zur Arbeitslos­enversiche­rung soll zum 1. Januar um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent gesenkt werden. c FAMILIEN

Familien sollen ab dem kommenden Jahr um rund 9,8 Milliarden Euro entlastet werden. Zu dem Paket gehört eine Kindergeld­erhöhung um 10 Euro im Monat ab Juli 2019, ein höherer Grundfreib­etrag, ein höherer Kinderfrei­betrag und eine Entlastung mittlerer und unterer Einkommen bei der sogenannte­n kalten Progressio­n.

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