Wie „der Schüchterne“sein Volk erobert
König Philippe seit fünf Jahren Souverän in Belgien – Wie er seine Skeptiker überzeugte
Auch nach fünf Jahren im Amt wirkt er noch ein bisschen steif, doch inzwischen haben die Belgier König Philippe akzeptiert. Dabei half ihm eine zuvor oft kritisierte Eigenschaft.
BRÜSSEL Schüchternheit kann eine Stärke sein. Zurückhaltung auch. Das hat König Philippe von Belgien in den vergangenen fünf Jahren gezeigt. Als er am 21. Juli 2013 vereidigt wurde, waren viele Belgier skeptisch. Im Gegensatz zu seinem Vater Albert II. (84) galt Philippe als steif und unbeholfen, alles andere als
redegewandt.
Diesen Ruf hat der 58-Jährige zwar bis heute nicht abgeschüttelt. Doch das Volk hat ihn akzeptiert, wie die belgische Adelsexpertin Brigitte Balfoort sagt. „Die vergangenen fünf Jahre verliefen reibungslos“, meint sie. Mehr noch: Die ungeahnten politischen Herausforderungen für Belgien in den vergangenen Jahren hat Philippe souverän gemeistert.
Die Terrorattacke in Brüssel im März 2016 verurteilte er in einer Ansprache an die Nation als widerlich und rief dazu auf, den Terror „mit Entschlossenheit, Ruhe und Würde“zu beantworten. In Belgien ist es ausgesprochen selten, dass sich der König nach aktuellen Ereignissen direkt an die Bevölkerung wendet.
Ein Jahr später beeindruckte er viele bei der offiziellen Gedenkfeier für die Terroropfer, als er sagte: „Wagen wir Zärtlichkeit“. Philippe fand den richtigen Ton. Seine viel kritisierte Zurückhaltung nahmen nun viele als Sanftheit oder Bedachtsamkeit wahr.
„Philippe ist präsent, mit seiner üblichen Zurückhaltung, aber zugleich einer augenfälligen Sensibilität in jeder seiner Gesten“, formulierte es die Journalistin Sophie Lagesse Anfang Juli im Magazin „Soir Mag“. Mit 200 bis 300 offiziellen Terminen pro Jahr im sozialen Bereich sei er allgegenwärtig. Die Bilanz seiner bisherigen Regentschaft sei „mehr als positiv“.
Schon bei der Parlamentswahl vor vier Jahren hatte Philippe umsichtig gehandelt.
Der belgische Regent hat zwar wenig Macht, spielt aber als Vermittler bei der Regierungsbildung eine wichtige Rolle. Philippe hielt sich aus öffentlichen Debatten heraus, verhinderte aber im Hintergrund mit seinen Mitarbeitern ein politisches Chaos. In etwas mehr als vier Monaten stand eine neue Regierung. 2010/11 hatte das mühsame Prozedere unter Albert II. eineinhalb Jahre gedauert. Damals drohte das Königreich mit den niederländischsprachigen Flamen im Norden und den französisch sprechenden Wallonen im Süden auseinanderzubrechen.
Diese sprachliche und kulturelle Zerrissenheit ist für den König die vielleicht größte Herausforderung – und aus Sicht der Adelsexpertin Balfoort
auch ein Grund für Philippes mangelnde Redegewandtheit. „Er muss seine Worte genau abwägen, immer zu gleichen Anteilen auf Niederländisch und Französisch sprechen.
Philippe ist der siebte König der Belgier, hat Politik studiert, ist Kampfpilot und Langstreckenläufer. 1999 heiratete er die damalige Gräfin Mathilde (45), eine standesgemäße Hochzeit im europäischen Hochadel. Die ausgesprochen leutselige Mathilde wirkt öffentlich wie die charmante bessere Hälfte des oft steifen Philippe.
Als Paar geben sich Philippe und Mathilde bodenständig, bringen etwa ihre vier Kinder bisweilen selbst zur Schule. Thronfolgerin ist die 16-jährige Elisabeth.