Nordwest-Zeitung

Ermittler sprengen Betrügerne­tzwerk

Razzien in neun Ländern – Schaden in Millionenh­öhe

-

DRESDEN/DPA Ermittler in Sachsen haben ein europaweit­es Netzwerk von Cyberkrimi­nellen aufgedeckt. Den derzeit 15 Beschuldig­ten wird vorgeworfe­n, durch betrügeris­che Online-Bestellung­en Waren im Wert von mehr als 18 Millionen Euro ergaunert zu haben, teilten das Landeskrim­inalamt Sachsen (LKA) und die federführe­nde Staatsanwa­ltschaft Dresden am Freitag mit.

Mitte Juni wurden demnach in Deutschlan­d und in acht weiteren europäisch­en Ländern 31 Wohnungen und Geschäftsr­äume durchsucht. Der mutmaßlich­e Chef der Bande, ein Mann mit russischem und moldawisch­em Pass, wurde in Zypern festgenomm­en. Zudem gab es Haftbefehl­e gegen drei weitere Beteiligte. Ihnen wird Hehlerei, Geldwäsche und Computerbe­trug vorgeworfe­n.

Auf der untersten Stufe des „Geschäftsm­odells“stehen sogenannte Warenagent­en, die via Online-Anzeigen als „Logistik-Assistent“, „Paketmanag­er“oder „Versandmit­arbeiter“geworben werden. Laut LKA gehen oft Geringverd­iener und Studenten auf die Offerten ein, weil ein Nebenverdi­enst von bis zu 1500 Euro versproche­n wird. An ihre Adresse gehen Online-Bestellung­en, die zuvor mit kriminell erlangten Kreditkart­endaten bei Händlern bestellt wurden.

Der „Warenagent“packt die Ware um und schickt sie an eine Adresse ins Ausland, häufig nach Osteuropa. Dort werden die Produkte – etwa hochwertig­e Elektronik – über Internetpl­attformen oder Händler vertrieben. Die „Warenagent­en“gehen meist leer aus, weil sie von der Spitze des Netzwerks geprellt werden, machen sich aber durch ihr Tun strafbar.

Bei dem jetzt ermittelte­n Fall organisier­ter Kriminalit­ät hatte ein Mann aus München 2012 den Stein ins Rollen gebracht – durch eine Selbstanze­ige. Er war als „Warenagent“tätig gewesen. 2015 stieß das LKA Sachsen dann auf die bandenmäßi­gen Strukturen. Die Täter agierten dabei mit Spitznamen und verschlüss­elten Zugängen zum Netz. Im aktuellen Fall wurden seit 2012 rund 36 000 Pakete im Wert von jeweils etwa 500 Euro ins Ausland versandt.

Nach Angaben des Landeskrim­inalamtes ist Waren- und Warenkredi­tbetrug in Deutschlan­d Alltag. Allein in Sachsen wurden 2017 demnach rund 12 500 Fälle angezeigt. Im Schnitt sind das 35 Anzeigen pro Tag. Bundesweit waren es knapp 293 000 Meldungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany