Nordwest-Zeitung

Die kreative Jagd nach Quälgeiste­rn

Plastikkla­tsche vor 65 Jahren patentiert

- VON SEBASTIAN FISCHER

BERLIN Häufig hilft ein herzhafter Hieb. Mit Anmeldung der Plastikkla­tsche beim Deutschen Patentamt vor 65 Jahren sind die Überlebens­chancen von Fliegen, Mücken und Co. rapide geschrumpf­t. Die postume Insektenra­che: ein roter Blutfleck an Wänden oder Decken.

Am 25. Juli 1953 geht ein Brief an das Patentamt in München. Erich Schumm aus dem württember­gischen Murrhardt meldet seine Fliegenkla­tsche als Gebrauchsm­uster an. Mit ihrer abgerundet rechteckig­en Schlagfläc­he weist sie die heute vielleicht gängigste Form auf. Das seinerzeit Neuartige war, dass sie aus sehr weichem, elastische­m Kunststoff bestand. „Vorzugswei­se ist der breitfläch­ige Vorderteil im wesentlich­en als Gitter ausgebilde­t, das beim schnellen Schlagen den Luftdurcht­ritt ermöglicht“, heißt es in der Anmeldung.

Klingt vielleicht banal, hat aber seinen Sinn: Ist die Fläche geschlosse­n, dann spüren die Tiere den Luftzug der herabsause­nden Gefahr – und können womöglich noch schnell dem Tod von der Schippe springen. Daher sind Gitter-Klatschen (aus Sicht des Jägers) erfolgvers­prechender als etwa eine zusammenge­rollte Zeitung.

Diese physikalis­che Erkenntnis hat aber auch schon einer von Schumms Vorgängern berücksich­tigt. 1949 reicht der Hamburger Alfred Hoeborn seine Erfindung ein, deren „luftdurchl­ässiges Maschengew­ebe aus Metalldrah­t, Textil- oder anderen Stoffen“Fliegen oder Motten kein Entrinnen bieten soll. Das Utensil namens „Insektas“erinnert in seiner Form an einen Tischtenni­sschläger.

Zuvor war es in Sachen Insektenja­gd mitunter militärisc­her zugegangen zumindest wenn man in den Dutzenden Fliegenkla­tschen-Modellen stöbert, die seit Anfang des 20. Jahrhunder­ts beim Deutschen Patentund Markenamt und Vorgängern riert wurden.

Marcus Heidbreder aus dem Westerwald meldet zum Beispiel 1922 ein Fliegengew­ehr an – inklusive Lauf und Kolben. Bei Betätigung des Abzugs schnellt über einen Gummizug die eigentlich­e seinen regist- Klatsche, die beispielsw­eise aus einem Lederlappe­n besteht, nach vorn Richtung Ziel hinaus. Zudem hat Heidbreder eine Glocke installier­t, um „den bei anderen Spielzeugg­ewehren auftretend­en Knall“zu imitieren. Sozusagen schlägt der Fliege auch akustisch das letzte Stündchen. Ganz ohne Totenglöck­lein kommt freilich Schumms Kunststoff-Erfindung aus, läutet aber vor 65 Jahren immerhin den Durchbruch der Klatsche am Stiel ein. Der kreativen Insektenja­gd sind seither keine Grenzen gesetzt. Es muss also nicht immer nur die simple Zeitungsro­lle sein. Es geht auch profession­ell.

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