Löw sucht ab jetzt persönliche Gespräche
Rummenigge greift DF: an – Müller-Wohlfahrt hört auf
FRANKFURT Im weißen Hemd und in schwarzer Anzughose erschien Joachim Löw äußerlich so elegant wie meistens. Innerlich aber wirkte der Bundestrainer beim ersten öffentlichen Statement nach dreiwöchigem Schweigen zum WM-Desaster trotz ruhiger Stimme angespannt – vor allem, als er auf seinen früheren Kapitän Philipp Lahm angesprochen wurde. An den 34Jährigen, der ihm nach dem erstmaligen Vorrunden-K.o. in Russland zu einem anderen Führungsstil geraten hatte, richtete Löw eine unmissverständliche Botschaft. „Ich weiß schon, wie man mit Spielern kommuniziert und welchen Führungsstil die Spieler brauchen“, konterte Löw am Freitag. Lahms Privat-Analyse sei daher „nicht sehr erfreulich“gewesen.
Lediglich rund drei Minuten redete der Bundestrainer vor der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt. Von 9.30 Uhr bis zum Nachmittag hatte der 58Jährige dem DFB-Präsidium
zuvor erste Ergebnisse der WM-Aufarbeitung präsentiert. Vor allem an Einstellung und Spielauffassung will er ansetzen. „Es muss uns wieder gelingen, wie in den Jahren zuvor, dass man unseren Spielern die Freude, den Spaß, die Leidenschaft für Deutschland zu spielen anmerkt – auf und neben dem Platz“, sagte Löw später in einem DFB-Interview. Es sei natürlich vor allem auch seine Aufgabe, „dieses Feuer, diese Begeisterung, die Hingabe, die Emotionen, den Stolz wieder zu wecken“.
Die heftige Attacke von
Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bekam Löw zunächst nicht einmal mit. Rummenigge hatte in München die DFB-Spitze um Präsident Reinhard Grindel scharf kritisiert und geäußert, dass der DFB „eigentlich nur noch durchsetzt von Amateuren“sei.
Und dann schlug der Bayern-Boss auch noch ausgerechnet Lahm als idealen Mann für den DFB vor. „Ich halte Philipp Lahm und seinen Berater Roman Grill als perfekt passend für den DFB, weil Philipp diese Qualität hat, möglicherweise für einen Verband zu arbeiten“, sagte der 62-Jährige. Rummenigge könnte sich für den Kapitän der Weltmeisterelf von 2014 zum Beispiel eine Stelle als Vizepräsident vorstellen, „um dem Präsidium ein Stück mehr Professionalität zu geben“. Im Moment fehle ihm „so ein bisschen die Fußballkompetenz“im DFB.
Sicher ist indes nicht erst seit Freitag, dass es personelle Veränderungen im und womöglich auch um das Nationalteam herum geben wird. „Ich werde ab jetzt auch die Gespräche suchen und führen, und dann werden wir die Entscheidungen in personeller Hinsicht treffen“, sagte Löw. Am 29. August wird der Bundestrainer laut DFB-Chef Grindel dann bekanntgeben, mit wem er künftig auf und neben dem Platz noch zusammenarbeiten will – und mit wem nicht.
Derweil beendet Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt nach über 20 Jahren seine Tätigkeit als Arzt der Fußball-Nationalmannschaft. Die WM in Russland war das letzte Turnier des 75-Jährigen.