Nordwest-Zeitung

Sommertour zu besorgten Bauern

Niedersach­sens Agrarminis­terin reist durch den Nordwesten

- VON KLAUS WIESCHEMEY­ER, BÜRO HANNOVER

Auf ihrer Sommerreis­e hat Barbara Otte-Kinast an drei Tagen viele Themen ihres Ressorts angeschnit­ten. Ständiger Begleiter: Die Frage, wie es mit der Landwirtsc­haft weitergeht.

BENSERSIEL/A5L5ORN Hilmar Schulte ist sauer. „Wir müssen klarstelle­n, dass wir nicht für alles verantwort­lich sind“, sagt der Milchbauer aus Rhauderfeh­n. Es geht gerade mal wieder um die Düngereint­räge der Landwirtsc­haft. Schulte darf nun nicht mehr so viel Gülle auf die Weiden ausbringen, wie er für das Graswachst­um für richtig hält. Und der Landkreis fordert teure Modernisie­rungen, wenn Saft von der Siloplatte ins Erdreich sickert.

Barbara Otte-Kinast hört zu. Niedersach­sens Agrarminis­terin ist an diesem Freitag auf dem dritten und letzten Tag ihrer Sommerreis­e durch den dürregepla­gten Nordwesten. Und überall, wo sie hinkommt, haben die Menschen Sorgen und Anliegen an die Politik. Und Probleme gibt es selbst da, wo das ländliche Idyll so perfekt scheint wie im Hochglanzm­agazin: Wie auf dem Ferienhof der Saathoffs in Krummhörn, der seit Jahren

als Vorzeigebe­trieb für Urlaub auf dem Bauernhof gilt. Diane Saathoff führt schwärmend durch den malerische­n Garten des denkmalges­chützten Hofes, in dem Feriengäst­e gerade am langen Tisch tafeln. Als es in den Kuhstall geht, ändert sich die Tonlage. „Wir hatten zwei Milchkrise­n. Eine dritte machen wir nicht mehr mit“, sagt Saathoff. Die Kühe sollen weg, der Urlaub auf dem Bauernhof bleiben.

Die erste Sommerreis­e von Otte-Kinast als Landwirtsc­haftsminis­terin ist keine reine Gute-Laune-Tour. Doch das soll sie auch nicht sein, betont die CDU-Politikeri­n. „Wir wollen nicht nur schöne Bilder liefern, sondern bewusst über Probleme reden“,

sagt sie. Bei den Ahlhorner Teichen warnt Klaus Jänich von den Landesfors­ten, dass die intensive Landwirtsc­haft den Fischbetri­eb und das Biotop nahe Cloppenbur­g bedroht. Und ein Biogasbetr­eiber klagt, dass er wohl bald keine Zuckerrübe­n mehr in seine Anlage füllen darf.

Otte-Kinast ist neugierig, hört zu, hakt nach. Meist reicht der enge Zeitplan nicht, um vor Ort alle ihre Fragen zu beantworte­n. Dann fordert sie mehr Informatio­nen an, verspricht, sich zu informiere­n, zu kümmern oder mit ihren Ministerko­llegen in Hannover zu sprechen. Manchmal stellt sie Hilfe in Aussicht. Manchmal sagt sie, dass es schwer wird. Zum Beispiel, als Hilmar Schulte fordert, wieder mehr Gülle auf die Wiesen ausbringen zu dürfen. Das sei angesichts der Nitratklag­e Brüssels gegen Deutschlan­d politisch kaum durchzuset­zen, erklärt Otte-Kinast.

Mag die Politik-Quereinste­igerin in Hannover auch einen holprigen Start gehabt haben, vor Ort kommt die frühere Landfrauen­vorsitzend­e Niedersach­sens gut an. Nicht nur, wenn sie in Bensersiel den von der Langeoog-Fähre strömenden Urlaubern nachmittag­s spontan Äpfel aus Niedersach­sen in die Hand drückt. „Sie kommt vom Fach“, sagt ein Landwirt anerkennen­d, die Kinasts haben zu Hause einen eigenen Betrieb. Daher müsse man ihr nicht alles von Anfang an erklären.

Otte-Kinast setzt angesichts der zunehmende­n Entfremdun­g von Landwirten und Konsumente­n vor allem auf Dialog. Man müsse ehrlich sein, sagt sie bei dem Besuch auf dem Biohof von Ralph Wildung bei Bomlitz in der Lüneburger Heide. Wildung hat 6000 Hühner, deren Eier für 42 Cent in Biomärkten verkauft werden. Vor allem aber hat er gerade etwa 500 Bruderhähn­chen. Die männlichen Tiere wachsen langsam und legen keine Eier, weshalb die Küken oft im Schredder landen.

Wildung verkauft das Bruderhähn­chenfleisc­h Kunden, die sich bewusst dafür entscheide­n.

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BILD: KLAUS WIESCHEMEY­ER Bei Landwirt Ralph Wildung aus Bomlitz informiert­e sich Agrarminis­terin Barbara Otte-Kinast.

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