Özil redet – und sagt doch nur Belangloses
O8-Nationalspieler bereitet sich in Singapur mit FC Arsenal auf Saison vor
SINGAPUR Das Vergnügungsviertel Clarke Quay im Herzen von Singapur ist jetzt vielleicht nicht der beste Ort, um endlich etwas zu sagen. Ein paar alte Lagerhallen, neu gestrichen in Pastellfarben.
Aber genau hier, 10000 Kilometer wegvon Deutschland, sagtMesut Özil nach seinem Treffen mit dem türkischen Präsidenten, der verkorksten WM und dem Rücktritt aus der Nationalelf am Mittwoch dann doch erstmals wieder ein paar Sätze in ein Mikrofon. Und zwar auf Englisch: „Ich bin echt begeistert, dass wir hier sind. Es ist ein bisschen zu warm, aber wir genießen das echt.“
Dann erwähnt der 29-Jährige noch, dass er jetzt schon das zweite Mal mit dem FC Arsenal in Singapur spielt. Und schließlich noch zwei Sätze über Paris Saint-Germain (PSG), Gegner beim
Gastspiel in Asien: „Das ist echt ein gutes Teammit guten Spielern. Für uns ist das ein Test, um für die nächste Saison fit zu sein.“
Mehr als solche Belanglosigkeiten gibt es nicht. Allen Nachfragen zu seinem schriftlichen Rundumschlagin insgesamt drei Teilen weicht er aus. Wie morgens schon, als er auf dem Wegzum Sportgelände nur kurz gemurmelt hatte: „Ich habe Training.“
Die Strategie: nur noch über Twitter und die anderen sozialen Netzwerke, sonst nicht. Auf dem Platz amüsiert er sich mit den anderen Arsenal-Profis dann prächtig.
Tatsächlich hat sich von den Nationalspielern bislang kaum jemand zu Özils Rücktritt geäußert, genau so wenig wie Bundestrainer Joachim Löw. Viele halten das Thema wohl für zu heiß. Ein Berater sagt: „Selbst, wenn wir nur sagen: „Schade, dass Özil zurückgetreten ist“, wird das inzwischen politisch ausgelegt.“
Dafür bekommt Özil aus seinem englischen Verein aber Unterstützung. Der neue Arsenal-Trainer Unai Emery (ehemals PSG) meint: „Das ist Mesuts persönliche Entscheidung. Ich respektiere sie. Alle Spieler werden dafür da sein, dass er sich zuhause fühlt. Wir sind eine Familie.“Im Nebensatz gibt der Spanier aber auch zu, dass er selbst mit sei- nem Mittelfeld-Star über das Thema noch gar nicht gesprochen habe. Von den deutschen Arsenal-Profis Shkodran Mustafi und Zugang Bernd Leno gibt es in Singapur allerdings keinen Ton.
Mit großem Aufwand an Sicherheitspersonal sorgt der Verein dafür, dass nur zuWort kommt, wer darf. Nach Angaben eines Arsenal-Sprechers will Özil auch in der nächsten Zeit keine Interviews geben. Auch auf seiner digitalen Pinnwand ist es nach dem Rücktritt wieder ruhig.
Von den Fans gibt es am Mittwoch nur Beifall. Der 17Jährige Hussein Abbad meint: „Das ist eine Schande, wie Deutschland jetzt mit ihm umgeht.“Dann lässt sich Abbad von seinem Lieblingsspieler die Unterschrift auf sein Arsenal-Trikot setzen – Özil unterschreibt in Singapur aber auch alle Nationaltrikots mit seinem Namen, die ihm hingehalten werden.