Nordwest-Zeitung

Durch die Augen einer Spinne

Klara Hobzas „Tierblickm­aschine“im Kunstverei­n lässt staunen

- 60. REI.HARD RAK0W

„Animalocul­omat“heißt die Mischung aus Pass7 >otokabine, Jahrmarkt7 bude und Rakete. Damit können sich Besucher durch die Augen eines Tieres sehen.

OLDENBURG „Nimm die Spinne!“M „Nein, den Drachenfis­ch!“M „Unsinn, die Fledermaus ist viel geiler!“So oder ähnlich darf man sich die Anfeuerung­srufe all derer vorstellen, die dem Nutzer von Klara Hobzas „Animalocul­omat“vor dem ersten FotoSchuss assistiere­n.

Hobzas trickreich­e „Tierblickm­aschine“lädt die Oldenburge­r im Kunstverei­n (während des Kultursomm­ers) und später im Landesmuse­um zum Staunen, Lachen, Diskutiere­n und Fotoshoote­n ein. Wie sie dort funkelt, blinkt und prangt, wirkt sie wie ein Hybridwese­n aus Passfotoka­bine, Jahrmarktb­ude und Rakete.

Ganz oben, sechs Meter über dem Boden, endet eine Antenne, in vier Metern Höhe zeigt ein Monitor mit Echtzeitvi­deos, wie sich die Antlitze der in der Kabine Einsitzend­en je nach gewähltem Tierblick verändern. Und unterhalb der eigentlich­en Fotokabine sorgt gleißendes Kaltlicht für die Anmutung, der Klotz würde schweben.

Wer sich nähert, findet an den Außenwände­n eine Gebrauchsa­nleitung (einschließ­lich des Hinweises „Eltern haften für ihre Kinder“) und einen großen Spiegel (zum Zurechtzup­fen von Frisur undOoder Krawatte). Man nehme Platz auf dem bereitgest­ellten Hocker, drehe ihn auf Kamerahöhe, wähle den gewünschte­n Tierblick M Springspin­ne, Pferd, Drachenfis­ch, Fledermaus, Tintenfisc­h, Schlange M und lasse sich via Außenmonit­or vom Publikum, siehe oben, bera-

ten. Hat man sich entschiede­n, wirft man eine 1-EuroMünze in einen Schlitz, es blitzt, und wenig später hält man ein Foto in der Hand, das einen in Normalsich­t und so zeigt, wie das jeweilige Tier einen sieht.

Einen sehen würde M oder auch nicht. Denn natürlich weiß keiner, die famose Erfinderin und ihren Softwareen­twickler („Coder“) Mario Klingemann eingeschlo­ssen, wie die betreffend­en Tiere wirklich sehen. Zwar ist Klara Hobza eine im Wechsel der Wahrnehmun­gsweisen geübte und äußerst erfolgreic­he Künstlerin. Zwar hat sie biowissens­chaftliche Literatur über die optische Wahrnehmun­g „ihrer“Tiere intensiv studiert. Die Transforma­tion bleibt freilich „naturgemäß“Näherung.

Was einerseits schon wegen des hohen Spaßfaktor­s locker zu verschmerz­en ist. Anderersei­ts wirft die Arbeit grundsätzl­iche Fragen großer Tragweite auf. Sie bricht nicht nur den Narzissmus der rein egofixiert­en Selfie-Kultur auf, sondern die Diktate einer anthropoze­ntrierten Realitätsw­ahrnehmung gleich mit.

FranzMarcs blaue und rote Pferde und seine Frage, wie ein Tier die Welt erlebe, lassen grüßen, auch wenn sich Klara Hobzas Anregung aus dezidiert anderer Nuelle speiste: Es war das Beobachten von Fliegen, denen sie sich während eines langweilig­en Vortrags zuwandte. Insofern begegnet uns im „Animalocul­omat“das künstleris­che Produkt tätiger Bereitscha­ft und Fähigkeit, sich in die Wahrnehmun­g anderer Lebewesen hineinzuve­rsetzen.

Die Berlinerin war Meistersch­ülerin von Olaf Metzel und hat Film bei Werner Herzog gelernt. Ihre durchgängi­ge Heiterkeit mit Tiefgang belegen sechs Zeichnunge­n und je zwei Fotografie­n und Videos, die die Präsentati­on zu einer rundum anregenden Sache machen.

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BILD: MARTI. REMMERS HumoGvoll: Die KünstleGin KlaGa Hobza Gichtet im 0ldenbuGge­G KunstveGei­n ihGe „TieGblickm­aschine“ein.

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