Durch die Augen einer Spinne
Klara Hobzas „Tierblickmaschine“im Kunstverein lässt staunen
„Animaloculomat“heißt die Mischung aus Pass7 >otokabine, Jahrmarkt7 bude und Rakete. Damit können sich Besucher durch die Augen eines Tieres sehen.
OLDENBURG „Nimm die Spinne!“M „Nein, den Drachenfisch!“M „Unsinn, die Fledermaus ist viel geiler!“So oder ähnlich darf man sich die Anfeuerungsrufe all derer vorstellen, die dem Nutzer von Klara Hobzas „Animaloculomat“vor dem ersten FotoSchuss assistieren.
Hobzas trickreiche „Tierblickmaschine“lädt die Oldenburger im Kunstverein (während des Kultursommers) und später im Landesmuseum zum Staunen, Lachen, Diskutieren und Fotoshooten ein. Wie sie dort funkelt, blinkt und prangt, wirkt sie wie ein Hybridwesen aus Passfotokabine, Jahrmarktbude und Rakete.
Ganz oben, sechs Meter über dem Boden, endet eine Antenne, in vier Metern Höhe zeigt ein Monitor mit Echtzeitvideos, wie sich die Antlitze der in der Kabine Einsitzenden je nach gewähltem Tierblick verändern. Und unterhalb der eigentlichen Fotokabine sorgt gleißendes Kaltlicht für die Anmutung, der Klotz würde schweben.
Wer sich nähert, findet an den Außenwänden eine Gebrauchsanleitung (einschließlich des Hinweises „Eltern haften für ihre Kinder“) und einen großen Spiegel (zum Zurechtzupfen von Frisur undOoder Krawatte). Man nehme Platz auf dem bereitgestellten Hocker, drehe ihn auf Kamerahöhe, wähle den gewünschten Tierblick M Springspinne, Pferd, Drachenfisch, Fledermaus, Tintenfisch, Schlange M und lasse sich via Außenmonitor vom Publikum, siehe oben, bera-
ten. Hat man sich entschieden, wirft man eine 1-EuroMünze in einen Schlitz, es blitzt, und wenig später hält man ein Foto in der Hand, das einen in Normalsicht und so zeigt, wie das jeweilige Tier einen sieht.
Einen sehen würde M oder auch nicht. Denn natürlich weiß keiner, die famose Erfinderin und ihren Softwareentwickler („Coder“) Mario Klingemann eingeschlossen, wie die betreffenden Tiere wirklich sehen. Zwar ist Klara Hobza eine im Wechsel der Wahrnehmungsweisen geübte und äußerst erfolgreiche Künstlerin. Zwar hat sie biowissenschaftliche Literatur über die optische Wahrnehmung „ihrer“Tiere intensiv studiert. Die Transformation bleibt freilich „naturgemäß“Näherung.
Was einerseits schon wegen des hohen Spaßfaktors locker zu verschmerzen ist. Andererseits wirft die Arbeit grundsätzliche Fragen großer Tragweite auf. Sie bricht nicht nur den Narzissmus der rein egofixierten Selfie-Kultur auf, sondern die Diktate einer anthropozentrierten Realitätswahrnehmung gleich mit.
FranzMarcs blaue und rote Pferde und seine Frage, wie ein Tier die Welt erlebe, lassen grüßen, auch wenn sich Klara Hobzas Anregung aus dezidiert anderer Nuelle speiste: Es war das Beobachten von Fliegen, denen sie sich während eines langweiligen Vortrags zuwandte. Insofern begegnet uns im „Animaloculomat“das künstlerische Produkt tätiger Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Wahrnehmung anderer Lebewesen hineinzuversetzen.
Die Berlinerin war Meisterschülerin von Olaf Metzel und hat Film bei Werner Herzog gelernt. Ihre durchgängige Heiterkeit mit Tiefgang belegen sechs Zeichnungen und je zwei Fotografien und Videos, die die Präsentation zu einer rundum anregenden Sache machen.