Wangerland bittet zur Kasse
Ab heute wieder Eintritt in Hooksiel, Horumersiel und Schillig
Der Streit um den freien Zugang zum Meer hat schon das Bundesverwaltungsgericht beschäftigt. So will die Gemeinde die Vorgaben erfüllen.
WANGERLAND Ab diesem Freitag wird an den Stränden des Wangerlands in Hooksiel, Horumersiel und Schillig (Kreis Friesland) wieder der umstrittene Strandeintritt erhoben. Dafür haben Gemeinde und Wangerland-Touristik GmbH (WTG) die Strandabschnitte neu zugeschnitten und in kostenpflichtige und kostenlose Bereiche aufgeteilt.
Laut WTG-Geschäftsführer Armin Kanning sind künftig etwa zwei Drittel der Strände im Wangerland frei zugänglich. Sie werden weiterhin gepflegt. An den Abschnitten, die kostenpflichtig werden, wird es zusätzlich eine Badeaufsicht, Rettungs- und ErsteHilfe-Stationen sowie Sanitäranlagen, Umkleidekabinen und Gastronomie geben, so die WTG.
Der Streit um den Zugang zu den Stränden und den freien Zugang zum Meer hatte in der Vergangenheit bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Janto Just aus Schortens kämpft seit Jahren für einen freien Strandzugang. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht im September 2017 den Strandeintritt an Wangerlands Stränden gekippt. Just hatte seitdem vehement für die Umsetzung des Urteils gekämpft und zuletzt erreicht, dass auch Hunde gebührenfrei an den Strand mitgenommen werden dürfen. Derzeit nimmt er den „unzulässigen Strandeintritt über ein ,Parkticket‘ am Strandparkplatz Schillig“ins Visier.
Seit der Zugang zu der neun Kilometer langen Strandzone kostenfrei ist, überlegen Gemeinde und WTG, wie sie den Einnahmenverlust kompensieren können. Etwa 500000 Euro pro Jahr wurden über den Strandeintritt eingenommen.
In Hooksiel entsteht nun ein neues Strandbad, das den Bereich der Strandhäuser 1 und 2 umfasst. Die Kassenhäuschen werden versetzt, sie stehen künftig hinter dem Deichsicherungsweg – der bleibt frei und kostenlos. Das war eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Frei zugänglich ist dann auch der bisherige FFK-Strand mit Strandhaus 3 und der Hundestrand.
Auch in Horumersiel und Schillig entstehen Strandbäder mit Badeaufsicht. Gemeinde und WTG sind sich sicher, dass sie damit die strengen Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erfüllen. „Wir haben keine Zweifel an der Rechtssicherheit dieses Ergebnisses“, betonte Kanning. Das sei im Vorfeld eingehend juristisch geprüft worden.
Janto Just sieht zumindest in Hooksiel die formalen Voraussetzungen weitestgehend als erfüllt an, in Horumersiel und Schillig sieht er hingegen noch Nachbesserungsbedarf: „In Schillig hat sich die Situation nicht verbessert, weil weiterhin Parkgebühren erhoben werden“, betont er im Gespräch mit der NWZ.
Nein, kreativ ist die Lösung der Gemeinde Wangerland und der Wangerland Touristik nun wirklich nicht. Nachdem Aktivist Janto Just in einem aufsehenerregenden Prozess erstritten hatte, dass die Strände in Schillig, Horumersiel und Hooksiel als Landschaftsbestandteil frei zugänglich sein müssen und kein Eintrittsgeld erhoben werden darf, hatte die Nordsee-Kommune die Zugänge geöffnet. Nun sollen bewirtschaftete Teilbereiche wieder abgegrenzt und kostenpflichtig werden. Also neue Kontrollen – und wenig Sympathiepunkte.
Die Logik der Gemeinde: Die Bewirtschaftung, Pflege und Bewachung der Strände kostet Geld – und das muss wieder eingespielt werden. Sie definiert jetzt Bereiche, in denen es Toilette, Kiosk und Wachstation gibt und kassiert dort Eintrittsgeld. Andere Strandbereiche ohne Service bleiben frei zugänglich.
Weitsichtig ist diese Logik nicht. Denn das Wangerland investiert nicht nur in den Tourismus, sondern lebt auch von ihm. Das Urteil zum Strandeintritt wäre eine einmalige Chance gewesen, die Urlaubsgemeinde im wachsenden Markt des Deutschland-Tourismus attraktiv zu positionieren. „Freier Strandeintritt“– was wäre das für ein Marketing-Pfund.
Dazu kommt, dass die künftig mit vier Euro Eintritt für erwachsene Tagesgäste belegten Badestrände am PreisLeistungs-Verhältnis zweifeln lassen. Die Sanitäranlagen sind in oft weit entfernten und hässlichen Zweckbauten untergebracht. Besonders am Hooksieler Strand hat die Gastronomie allenfalls Imbissbuden-Niveau. Mit einem Cocktail den Sonnenuntergang bewundern? Fehlanzeige. Abends noch ein Fischbrötchen, während die Kutter auslaufen? Keine Chance. Koppelung der Gastronomie-Öffnungszeiten an die Hochwasserzeiten? Nicht vorgesehen.
Freie Strände, ein bisschen mehr Strandbad-Charme und attraktive Gastronomie würden die Zahl der Gäste, die Geld im Wangerland lassen, erhöhen. Doch nun werden die einst komplett abgezäunten Strände auch noch in Bezahlzonen unterteilt. Die Chance war da, es zumindest besser zu versuchen. Sie wurde leider verpasst.