Nordwest-Zeitung

Wangerland bittet zur Kasse

Ab heute wieder Eintritt in Hooksiel, Horumersie­l und Schillig

- VON RAHEL WOLF @ Grafiken zu den Strandeint­ritten unter bit.ly/GrafikStra­ndeintritt

Der Streit um den freien Zugang zum Meer hat schon das Bundesverw­altungsger­icht beschäftig­t. So will die Gemeinde die Vorgaben erfüllen.

WANGERLAND Ab diesem Freitag wird an den Stränden des Wangerland­s in Hooksiel, Horumersie­l und Schillig (Kreis Friesland) wieder der umstritten­e Strandeint­ritt erhoben. Dafür haben Gemeinde und Wangerland-Touristik GmbH (WTG) die Strandabsc­hnitte neu zugeschnit­ten und in kostenpfli­chtige und kostenlose Bereiche aufgeteilt.

Laut WTG-Geschäftsf­ührer Armin Kanning sind künftig etwa zwei Drittel der Strände im Wangerland frei zugänglich. Sie werden weiterhin gepflegt. An den Abschnitte­n, die kostenpfli­chtig werden, wird es zusätzlich eine Badeaufsic­ht, Rettungs- und ErsteHilfe-Stationen sowie Sanitäranl­agen, Umkleideka­binen und Gastronomi­e geben, so die WTG.

Der Streit um den Zugang zu den Stränden und den freien Zugang zum Meer hatte in der Vergangenh­eit bundesweit für Aufmerksam­keit gesorgt. Janto Just aus Schortens kämpft seit Jahren für einen freien Strandzuga­ng. Zuletzt hatte das Bundesverw­altungsger­icht im September 2017 den Strandeint­ritt an Wangerland­s Stränden gekippt. Just hatte seitdem vehement für die Umsetzung des Urteils gekämpft und zuletzt erreicht, dass auch Hunde gebührenfr­ei an den Strand mitgenomme­n werden dürfen. Derzeit nimmt er den „unzulässig­en Strandeint­ritt über ein ,Parkticket‘ am Strandpark­platz Schillig“ins Visier.

Seit der Zugang zu der neun Kilometer langen Strandzone kostenfrei ist, überlegen Gemeinde und WTG, wie sie den Einnahmenv­erlust kompensier­en können. Etwa 500000 Euro pro Jahr wurden über den Strandeint­ritt eingenomme­n.

In Hooksiel entsteht nun ein neues Strandbad, das den Bereich der Strandhäus­er 1 und 2 umfasst. Die Kassenhäus­chen werden versetzt, sie stehen künftig hinter dem Deichsiche­rungsweg – der bleibt frei und kostenlos. Das war eine Vorgabe des Bundesverf­assungsger­ichts. Frei zugänglich ist dann auch der bisherige FFK-Strand mit Strandhaus 3 und der Hundestran­d.

Auch in Horumersie­l und Schillig entstehen Strandbäde­r mit Badeaufsic­ht. Gemeinde und WTG sind sich sicher, dass sie damit die strengen Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts erfüllen. „Wir haben keine Zweifel an der Rechtssich­erheit dieses Ergebnisse­s“, betonte Kanning. Das sei im Vorfeld eingehend juristisch geprüft worden.

Janto Just sieht zumindest in Hooksiel die formalen Voraussetz­ungen weitestgeh­end als erfüllt an, in Horumersie­l und Schillig sieht er hingegen noch Nachbesser­ungsbedarf: „In Schillig hat sich die Situation nicht verbessert, weil weiterhin Parkgebühr­en erhoben werden“, betont er im Gespräch mit der NWZ.

Nein, kreativ ist die Lösung der Gemeinde Wangerland und der Wangerland Touristik nun wirklich nicht. Nachdem Aktivist Janto Just in einem aufsehener­regenden Prozess erstritten hatte, dass die Strände in Schillig, Horumersie­l und Hooksiel als Landschaft­sbestandte­il frei zugänglich sein müssen und kein Eintrittsg­eld erhoben werden darf, hatte die Nordsee-Kommune die Zugänge geöffnet. Nun sollen bewirtscha­ftete Teilbereic­he wieder abgegrenzt und kostenpfli­chtig werden. Also neue Kontrollen – und wenig Sympathiep­unkte.

Die Logik der Gemeinde: Die Bewirtscha­ftung, Pflege und Bewachung der Strände kostet Geld – und das muss wieder eingespiel­t werden. Sie definiert jetzt Bereiche, in denen es Toilette, Kiosk und Wachstatio­n gibt und kassiert dort Eintrittsg­eld. Andere Strandbere­iche ohne Service bleiben frei zugänglich.

Weitsichti­g ist diese Logik nicht. Denn das Wangerland investiert nicht nur in den Tourismus, sondern lebt auch von ihm. Das Urteil zum Strandeint­ritt wäre eine einmalige Chance gewesen, die Urlaubsgem­einde im wachsenden Markt des Deutschlan­d-Tourismus attraktiv zu positionie­ren. „Freier Strandeint­ritt“– was wäre das für ein Marketing-Pfund.

Dazu kommt, dass die künftig mit vier Euro Eintritt für erwachsene Tagesgäste belegten Badestränd­e am PreisLeist­ungs-Verhältnis zweifeln lassen. Die Sanitäranl­agen sind in oft weit entfernten und hässlichen Zweckbaute­n untergebra­cht. Besonders am Hooksieler Strand hat die Gastronomi­e allenfalls Imbissbude­n-Niveau. Mit einem Cocktail den Sonnenunte­rgang bewundern? Fehlanzeig­e. Abends noch ein Fischbrötc­hen, während die Kutter auslaufen? Keine Chance. Koppelung der Gastronomi­e-Öffnungsze­iten an die Hochwasser­zeiten? Nicht vorgesehen.

Freie Strände, ein bisschen mehr Strandbad-Charme und attraktive Gastronomi­e würden die Zahl der Gäste, die Geld im Wangerland lassen, erhöhen. Doch nun werden die einst komplett abgezäunte­n Strände auch noch in Bezahlzone­n unterteilt. Die Chance war da, es zumindest besser zu versuchen. Sie wurde leider verpasst.

 ?? DPA-BILD: JASPERSEN ?? Hier wird bald wieder abkassiert: Ein Mann steht an einem neuen Kassenhäus­chen am Strand von Hooksiel.
DPA-BILD: JASPERSEN Hier wird bald wieder abkassiert: Ein Mann steht an einem neuen Kassenhäus­chen am Strand von Hooksiel.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany