Maas reist in die Vergangenheit
Außenminister fühlt sich an deutsche Wiedervereinigung erinnert
An eine Wiedervereinigung des geteilten Koreas ist noch nicht zu denken. Kann Deutschland etwas tun, um diesen Prozesses zu befördern?
PANMUNJOM Von Entspannung ist in Panmunjom noch nicht viel zu spüren. Die nordkoreanischen Grenzsoldaten marschieren bei der Wachablösung immer noch im Stechschritt. Die Südkoreaner stehen ihnen weiterhin wenige Meter entfernt mit geballten Fäusten gegenüber und tragen Sonnenbrillen, um direkten Blickkontakt mit dem „Feind“zu vermeiden. An diesem Freitag jährt sich das Ende des Korea-Kriegs zum 65. Mal, aber es gibt immer noch keinen Frieden zwischen dem kommunistischen Norden und dem westlich orientierten Süden des Landes. Nur einen Waffenstillstand.
Aber es gibt Hoffnung, seitdem sich hier in Panmunjom zwischen den blauen Grenzbaracken die Präsidenten beider koreanischer Staaten vor drei Monaten die Hände gereicht haben. Kim Jong Un betrat als erster nordkoreanischer Staatschef seit dem Krieg den Süden. Es folgten ein weiteres Treffen der beiden Präsidenten in Panmunjom und der historische Gipfel zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump in Singapur, mit einem „festen und unerschütterliches Bekenntnis“Kims zu einer umfassenden atomaren Abrüstung.
Um sich ein Bild vom Stand dieses Annäherungsprozesses zu machen, besucht Bundesaußenminister Heiko Maas das südkoreanische Seoul und die 241 Kilometer lange und vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone. Für ausländische Politiker gehört der Ausflug in das nur 50 Kilometer von der Hauptstadt entfernte Grenzgebiet zum Standardprogramm.
Maas ist zum ersten Mal hier. Als er die Grenzbaracke genau auf der Demarkationslinie am 38. Breitengrad betritt, drückt ein nordkoreanischer Soldat eine Kamera von außen auf die Fensterscheibe, um ihn zu filmen. Das ist normal bei prominenten Gästen, Maas ist vorgewarnt.
Ein Besuch in Panmunjom hat für einen deutschen Politiker immer etwas von einer Zeitreise in die Vergangenheit. „Es ist schon bemerkenswert, wenn man Dinge, die man seit über 28 Jahren hinter sich gelassen hat in einem Land in Europa, hier noch einmal sieht – und das in einer aktuell so aufgewühlten Situation“, sagt Maas.
Mit aufgewühlter Situation meint er: Es ist ziemlich viel in Bewegung geraten, aber es ist noch ziemlich unklar, wo das alles hinführen soll. Mit allzu positiven Einschätzungen zur innerkoreanischen Entspannung hält sich Maas deswegen während seiner Reise zurück. „Dafür gab es in der Vergangenheit viel zu viele Verstöße
gegen das Völkerrecht und viel zu viele Enttäuschungen“, sagt er mit Blick auf Nordkorea.
Aber Heiko Maas bietet auch deutsche Hilfe an. Man könne die Erfahrungen einbringen, die man in den Verhandlungen über das Abkommen zur Verhinderung der iranischen Atombombe gesammelt habe. Und dann sei da natürlich die deutsche Wiedervereinigung, sagt er.
Deutschland ist auch eines der wenigen westlichen Länder, die einen Botschafter in Nordkorea haben. In den vergangenen Jahren waren immer wieder Delegationen des Bundestags dort. Für das kommende Frühjahr ist wieder so eine Reise geplant.