Neue Pläne für faires Wohnen
Wrüne legen Gesetzentwurf vor – Junge Familien häufig vor Problemen
Kommunen sollen Mieter schützen können. Die Wohnungsvermietung an Touristen wollen die Grünen beschränken.
HANNOVER Eäbe es in Niedersachsen bereits das im Koalitionsvertrag vorgesehene Wohnraumschutzgesetz, wäre es gar nicht erst zu dem Sozialdrama im Delmenhorster Problembezirk Wollepark gekommen. Davon ist der baupolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Christian Meyer, überzeugt. Der Ex-Landwirtschaftsminister hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf „über den Schutz
und die Erhaltung von Wohnraum“vorgestellt. Was sich sperrig anhört, hat einen ganz konkreten Inhalt und direkte Auswirkungen sowohl auf Mieter als auch auf Vermieter.
Mit dem Entwurf wollen die Grünen den Kommunen einerseits die Möglichkeit geben, bei unzumutbaren Wohnverhältnissen einzugreifen, und andererseits der Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung oder Gewerbefläche einen Riegel vorzuschieben. Die Große Koalition hat diese Forderung der Kommunen zwar im Koalitionsvertrag, aber noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt.
„Immer wieder gibt es auch in Niedersachsen Fälle von ausbeuterischen Mietverhältnissen, wie wir sie zum Beispiel
im Wollepark in Delmenhorst oder bei Arbeitern in der Fleischindustrie erlebt haben. Bisher haben die Kommunen kaum Möglichkeiten, die Mieterinnen und Mieter zu schützen. Mit unserem Wohnraumschutzgesetz wollen wir die Rechtsgrundlage dafür schaffen, dass Kommunen Instandhaltungsmaßnahmen und bestimmte Mindeststandards einfordern und auch durchsetzen können. Menschenwürdige Wohnverhältnisse sind ein Grundrecht“, sagt Meyer.
Weil Wohnen vielerorts ständig teurer werde, wollen die Grünen zudem die gewerbliche Vermietung von Wohnungen an Touristen einschränken. „Die Kommunen sollen stärkere Aufsichtsmöglichkeiten erhalten und auch Bußgelder verhängen können“, betont Meyer. In Kommunen, die Notstand wegen akuten Wohnungsmangels haben, solle für zunächst fünf Jahre eine Genehmigungspflicht für die Vermietung von Wohnungen an Touristen über Plattformen wie Airbnb eingeführt werden können.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist vor allem für junge Familien in vielen Kommunen ein drängendes Problem. Es hat sich durch den Rückgang des sozialen Wohnungsbaus verstärkt. Der Vorstoß der Grünen sieht auch vor, dass Kommunen eingreifen können, wenn Wohnungen länger als vier Monate leer stehen. Er soll am 13. August im Bau-Ausschuss des Landtags erörtert werden.
Die Grünen in Niedersachsen besetzen aus der Opposition heraus ein Thema, das nahezu alle angeht: Wohnraum. Die Grünen wollen den sozialen Wohnungsbau und den Einfluss von Kommunen auf Vermieter stärken und der uneingeschränkten Wohnungsvermietung an Touristen einen Riegel vorschieben. Das Thema ist freilich nicht neu. In Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hessen gibt es entsprechende gesetzliche Regelungen bereits. Viele Städte und auch der Mieterverband hatten ebenfalls bereits Pläne unterstützt, die sogenannte Zweckentfremdung von Wohnraum gesetzlich zu regeln und bereits im Vorjahr gab es in Niedersachsen einen ersten Gesetzentwurf, wegen der vorgezogenen Neuwahlen wurde das Gesetz aber nicht mehr beschlossen. Nun greifen sich die Grünen das Thema und machen Druck auf Umwelt- und Bauminister Olaf Lies (SPD). Bei dem Vorstoß handelt es sich nicht nur um eine gute Sache, sondern auch um einen politisch klugen Schachzug.