Warnung vor Waldbrand
Höchste Gefahr auch im Nordwesten – Tropische Nacht an der Nordsee
In Schweden und in Brandenburg stehen die Wälder lichterloh in Flammen. Niedersachsens Feuerwehrleute helfen vor Ort aus.
HANNOVER/CLOPPENBURG/ STOCKHOLM/POTSDAM In Niedersachsen besteht fast landesweit höchste Waldbrandgefahr. Sie erreichte die maximale Stufe fünf, gab am Freitag der zuständige Referatsleiter im Innenministerium, Michael Lemmel, bekannt. Einzige Ausnahme sei der Landkreis Rotenburg/Wümme.
Der Landkreis Cloppenburg erließ am Freitag eine Eilverordnung zur Verhütung von Waldbränden. Unter anderem ist es verboten, in Wäldern, Mooren und Heidegebieten oder in gefährlicher Nähe davon Feuer anzuzünden, zu rauchen und mit feuergefährlichen Gegenständen umzugehen.
Nach Angaben des Innenministeriums wurden bei den am Mittwoch von Lüneburg
und Hildesheim aus aufgenommenen Überwachungsflügen der Feuerwehr bereits einige Brände aus der Luft geortet und erfolgreich bekämpft. Dabei handelte es sich aber meist um Feuer mit einer Ausdehnung zwischen 1000 und 1500 Quadratmetern.
Die beiden Cessnas sollen auch am Wochenende und in den folgenden Tagen im Einsatz bleiben.
Im Kampf gegen die verheerenden Waldbrände hat Schweden um weitere Unterstützung aus Niedersachsen gebeten. Dazu werden laut Innenministerium die Kräfte vor Ort ausgetauscht. Seit Montag befinden sich bereits 52 Helfer aus dem Kreis Nienburg in der Region Dalarna. Weitere Helfer werden Anfang kommender Woche Richtung Schweden aufbrechen.
Auch Brandenburg hat aus Niedersachsen Unterstützung angefordert. Zur Bekämpfung des schweren Waldbrandes bei Potsdam rückte die Braunschweiger Feuerwehr zu einem Hilfseinsatz aus.
Die anhaltend heißen Temperaturen sorgte an der Nordsee bereits für eine tropische Nacht. In Hooksiel im Kreis Friesland wurde es zu keinem Zeitpunkt der Nacht kühler als 22,5 Grad Celsius, teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Freitag mit. Wärmer war es nur an zwei Orten: In Duisburg-Baerl wurde es nicht kälter als 23,7 Grad, am Leuchtturm Kiel nicht kälter als 22,7 Grad. Tagsüber war Lingen im Emsland am Donnerstag der bundesweit zweitwärmste Ort – dort wurden 37,8 Grad gemessen. Am heißesten war es mit 38,0 Grad wieder im Duisburger Stadtteil Baerl.
Im Urlaub kann das Spaß machen, im Alltag wird die Hitze schnell anstrengend – oder sogar zum ernsten Problem. Die Erderwärmung dürfte viel ändern – manches zeigt sich schon jetzt.
BERLIN Tropische Nächte, Sonne pur, selten Regen: Deutschland erlebt einen Sommer, wie man sich ihn eigentlich viel weiter südlich vorstellt. Klimaforscher warnen schon lange, dass extreme Wetterlagen künftig häufiger vorkommen werden. Landwirte müssen sich umstellen, um die Folgen abzufangen – aber nicht nur sie. Ein paar Beispiele. c NEUE KULTUREN
Landwirte setzen auf neue Kulturen, die viel Wärme brauchen. Wassermelonen, Süßkartoffeln und Physalis nennt der Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Gemüseanbau im Zentralverband Gartenbau, Jochen Winkhoff, als Beispiele. Das Bio-Gut Schlosser im rheinland-pfälzischen Schifferstadt etwa baut Süßkartoffeln an. Betriebsleiter Frank Weisbrod erläutert dazu, dass sie subtropische Verhältnisse bevorzugen. Erst bei mehr als 18 Grad gebe es ein gutes Wachstum für die Pflanzen, die vorwiegend in Italien und Spanien angebaut werden.
VERÄNDERTER ANBAU
Neben exotischen neuen Kulturen sind auch Veränderungen im Anbau generell zu beobachten, wie Winkhoff erläutert. Es werde immer früher und immer länger angebaut. Die Erntesaison verlängere sich in Deutschland. Und es gebe regionale Verschiebungen vom Süden Richtung Norden bei Kulturen, die mehr Kühle brauchen wie zum Beispiel Eissalat oder Kopfkohl. Gemüsegärtner und Gemüsebauern passten sich auch an, indem sie Sorten auswählen, die gut mit Trockenheit umgehen können.
FIRMEN REAGIEREN
Schwitzen vor dem PC: Auch in der Arbeitswelt macht sich die Hitze bemerkbar. Und es gibt Strategien, um es den Mitarbeitern etwas erträglicher zu machen. «Viele Unternehmen stellen momentan kostenlos Wasser für die Beschäftigten zur Verfügung», teilt die Gewerkschaft Verdi mit. Ventilatoren gehörten in vielen Büros mittlerweile zur Grundausstattung für die Sommermonate, wenn nicht ohnehin eine Klimaanlage vorhanden ist.
NEUE REBSORTEN
Für Winzer werden andere Anbauflächen interessant. So werden an der Mosel wieder höhere Lagen bepflanzt, die „oberen Riegel“. „Hundert Meter höher bedeuten ein Grad Durchschnittstemperatur weniger“, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim bei Mainz. Dort können weiter leichtere Weißweine erzeugt werden. Damit es mit steigenden Temperaturen nicht so schwere Weine gibt wie in Spanien oder Portugal, schneiden Winzer auch das Laub der Reben stärker zurück. Denn Blätter erzeugen in der Photosynthese Zucker, der in die Trauben eingelagert und dann zu Alkohol umgewandelt wird.
Mittelfristig schauen sich Winzer auch nach neuen Rebsorten um. „Dem Trollinger wird es zu heiß, er verträgt die Hitze nicht so gut“, sagt Büscher über die beliebte Rebsorte der Württemberger. Daher gebe es die Überlegung, den Trollinger durch andere Rebsorten zu ersetzen wie den Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon oder Merlot. Allerdings seien die Winzer mit Blick auf die Trinkgewohnheiten
vorsichtig und legten zunächst kleinere Parzellen mit südländischen Rotweinsorten an. c MEHR GRÜN IN STÄDTEN
„Das Thema ist durchaus im Bewusstsein der deutschen Stadtplaner, Architekten und Bauherren angekommen“, sagt Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer beim Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle. 53 Prozent der deutschen Städte und Kommunen legen in Bebauungsplänen verbindliche eine Dachbegrünung fest, bei der Fassadenbegrünung seien es 34 Prozent. Beides helfe, Hitzeinseln in der Stadt zu minimieren. Nicht nur die Oberflächentemperatur der Häuser sinke so, auch die Umgebungstemperatur könne durch Verdunstungskühlung um ein bis drei Grad verringert werden.
UMBAU IM WALD
„Waldumbau“heißt das Stichwort, unter dem Forste widerstandsfähiger gegen Stürme und Orkane, Waldbrände und Schädlingsbefall als Folge anhaltender Trockenheit werden sollen. Deutschen Waldbesitzerverbänden zufolge kommt es darauf an, „vitale Mischwälder“zu schaffen. Dazu müssten „klimatolerantere Baumarten wie Douglasie, Küstentanne oder Roteiche“angepflanzt werden, sagt Verbandspräsident Philipp zu Guttenberg. Seit fünf Jahren fördert das der Waldklimafonds der Bundesregierung. Es gibt noch Forschungsbedarf. Das Bundesagrarministerium hebt etwa das Projekt „Wasserwald“in der Lüneburger Heide hervor, wo Nadelwald zum Laub- und Mischwald umgestaltet wurde, und nun die Ökosystemleistung zur Grundwassererhöhung geprüft wird.