Nordwest-Zeitung

Zirpenden Heimchen auf der Spur

Museum will Häufigkeit der Heuschreck­enarten untersuche­n und Bürger sollen mitforsche­n

- VON SUSANNE GLOGER

M,2 78Jurkundl­er des Landesmuse­um wollen die Heuschreck­en in Oldenburg kartieren. Für sie allein ist das aber nicht zu schaffen.

DAMMTOR Romantisch findet mancher ihr Zirpen: An lauen Sommeraben­den (und zurzeit sind die ja mehr als lau) kann man die Heimchen hören. Wer die Nachtruhe sucht, empfindet das Gezirpe durchaus auch als störend. Das rasselnde Geräusch, das die ausschließ­lich dämmerungs- und nachtaktiv­en Insekten von geben, macht es aber auch leichter, ihnen auf die Spur zu kommen. Und genau darum geht es dem Landmuseum Natur und Mensch in einem sogenannte­n Citizen-SciencePro­jekt – was übersetzt Bürgerwiss­enschaftsp­rojekt heißt. Bürger sind nämlich dazu aufgerufen, als Forscher mitzuwirke­n.

Sie hüpfen lieber

„Oldenburg kartiert Heuschreck­en“: so der Titel des Projekts. Zunächst ist das Heimchen an der Reihe, das ein Verwandter dieser Insektenor­dnung ist (siehe Infokasten). Heimchen werden etwa 16 bis 25 Millimeter lang, beim Weibchen kommt noch die circa 11 bis 15 Millimeter lange Legeröhre hinzu. Sie haben etwa körperlang­e Antennen und kräftige, lange Hinterbein­e, die ihnen Sprünge ermögliche­n. Sie besitzen vier Flügel. Beim Aneinander­reiben der Vorderflüg­el erzeugen die Männchen zirpende Geräusche, die dazu dienen, Weibchen anzulocken. Der Körper ist gelbbraun gefärbt mit schwarzer Zeichnung auf Kopf und Halsschild. Sie können fliegen, tun dies aber nur selten.

Als Einrichtun­g, die sich regional mit der biologisch­en Vielfalt (Biodiversi­tät) beschäftig­t, forscht das Landesmuse­um am Damm an Themengebi­eten wie Landschaft­swandel, Artenschwu­nd oder Insektenst­erben. Mit einer mehr als 300 000 Präparate umfassende­n historisch­en Insektensa­mmlung ist es vor allem der Rückgang dieser Tiergruppe, der das Interesse der Naturkundl­er am Museum befeuert. Kay Fuhrmann, Präparator am Museum sowie ehrenamtli­ch als Landschaft­swart für die Untere Naturschut­zbehörde tätig, findet gerade auch die Heuschreck­en im Zusammenha­ng mit dem Klimawande­l interessan­t: „Sie profitiere­n im Grunde davon“, sagt er im Gespräch mit der Ð. Die ursprüngli­ch im Mittelmeer­raum angesiedel­ten Tiere, zieht es durch die inzwischen wärmeren Sommer auch in nördlicher­e Gefilde.

Schon vor fünf Jahren hat sich das Museum zum Ziel gesetzt, die Verbreitun­g und Häufigkeit dieser Insektenor­dnung durch gezielte Geländeunt­ersuchunge­n auf dem Oldenburge­r Stadtgebie­t zu ermitteln. Wie das Museum mitteilt, wurde dazu ein Gitter von 73 Planquadra­ten über eine Karte der Stadt gelegt, um in jedem dieser Abschnitte die jeweilige Anzahl und Art der 26 heimischen Heuschreck­enarten zu bestimmen. Ziel sei es schließlic­h, einen Ist-Zustand der vorkommend­en Arten und ihrer Verbreitun­g in Form einer Bestandser­fassung vorzulegen, um unter anderem zukünftige Veränderun­gen besser nachvollzi­ehen und vergleiche­n zu können. „Das Ganze soll dann im nächsten Jahr in einem Buch über Heuschreck­en in Oldenburg münden“, sagt Kay Fuhrmann.

Arten, die eine trockene Landschaft und Heide bevorzugen, wurden laut Fuhrmann besonders im Naturschut­zgebiet Bahndammge­lände Krusenbusc­h registrier­t. Arten, die feuchtes Biotop mögen, dagegen in den Bornhorste­r Huntewiese­n. Einige der nachzuweis­enden Arten entziehen sich allerdings leicht den Fachleuten des Museums, da sie nur durch Zufall nachgewies­en werden können oder, wie das Heimchen, rein nachtaktiv sind.

Tiere online melden

Deshalb bittet das Landesmuse­um die Bevölkerun­g – online – um Unterstütz­ung. Auf einer eigens für dieses Citizen-Science-Projekt eingericht­eten Internetse­ite können Teilnehmer ihre Beobachtun­gen melden und sich im Forum austausche­n. Darüber hinaus ist dort ein Tondokumen­t mit Heimchen-Gesang ebenso abgelegt, wie eine Tonspur mit dem Gesang des Grünen Heupferdes (Tettigonia viridissim­a), um Verwechslu­ngen mit dieser Heuschreck­enart zu vermeiden. Eine virtuelle Karte mit Neufunden soll ständig aktualisie­rt werden, um jedem die Möglichkei­t zu bieten, das gemeinsame Forschungs­projekt „Heimchen in Oldenburg“zu begleiten.

Infos und das Forum unter www.naturundme­nsch.de

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BILD: KAY FUHRMANN Ein Heimchen: Beim Aneinander­reiben der Vorderflüg­el erzeugen die Männchen zirpende Geräusche.

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