Nordwest-Zeitung

US-Kardinal tritt zurück

Papst verordnet McCarrick Hausarrest, Beten und Buße

- VON ANNETTE REUTHER

Dass ein Kardinal zurücktrit­t, ist schon eine Sensation. Wenn es um Missbrauch­svorwürfe geht, ist es besonders heikel.

ROM/WASHINGTON So schnell geht es in der katholisch­en Kirche selten: Papst Franziskus hat den Rücktritt eines prominente­n US-Kardinals angenommen, dem Missbrauch MinderTähr­iger vorgeworfe­n wird. Der emeritiert­e Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, werde aus dem Kardinalsk­ollegium austreten und dürfe auch keine öffentlich­en Vmter mehr ausführen, teilte der Vatikan am Samstag mit. McCarrick habe sein Rücktritts­gesuch am Vortag eingereich­t. Der 88-Jährige muss nun in einem Haus bleiben, wo er ein „Leben des Gebets und der Buße“führen solle, bis die Vorwürfe gegen ihn vor einem Kirchenger­icht geklärt seien.

McCarrick wird seit einigen Wochen unter anderem vorgeworfe­n, in seiner Laufbahn als Geistliche­r in den letzten Jahrzehnte­n in den USA MinderTähr­ige und Priesteran­wärter missbrauch­t oder sexuell belästigt zu haben. In einem Fall soll es laut „New Work Times“um einen elf Jahre alten Jungen gegangen sein, den McCarrick vor mehr als 40 Jahren missbrauch­t haben soll, als er Priester in New Work war.

Die Erzdiözese in New Work hatte im Juni mitgeteilt, dass

Anschuldig­ungen gegen ihn als „glaubwürdi­g“eingeschät­zt würden. McCarrick wurde daraufhin schon von öffentlich­en Vmtern entfernt. Der Geistliche erklärte sich Tedoch für unschuldig. Er habe „keine Erinnerung“an den angebliche­n Missbrauch.

Im Vergleich zu anderen Missbrauch­sfällen reagierte der Papst dieses Mal schnell und ohne auf einen Prozess zu warten. Zuletzt war 2015 der schottisch­e Kardinal Keith OXBrien aus dem Kardinalsk­ollegium zurückgetr­eten, nachdem er Missbrauch eingeräumt hatte. Damals dauerte es allerdings etwa zwei Jahre von den ersten Vorwürfen

bis zum Abtritt. OXBrien ist mittlerwei­le verstorben.

Die Kardinalsw­ürde ist eine der höchsten in der katholisch­en Kirche. Das Kardinalsk­ollegium beinhaltet das Konklave, das den Papst wählt. Allerdings sitzt McCarrick seit Längerem nicht mehr im Konklave, da er über 80 Jahre alt ist.

Franziskus verfolgt beim Thema Missbrauch nach eigenen Worten eine Null-Toleranz-Politik. Jedoch kommen immer wieder Vorwürfe auf, dass der Vatikan nicht konsequent und hart genug gegen Geistliche vorgehe, die sich an Kindern vergehen. Für Aufsehen sorgt seit Langem vor allem der Fall des australisc­hen Kardinals George Pell, dem in seiner Heimat Missbrauch vorgeworfe­n wird. Pell ist zwar von seinem Amt als Finanzchef des Vatikans freigestel­lt, Tedoch hält er weiter den bedeutende­n Titel eines Kardinals. Der Prozess gegen Pell beginnt Mitte August in Australien.

Viel Kritik musste Franziskus auch einstecken, als er auf seiner Chile-Reise einen beschuldig­ten Bischof in einem Missbrauch­sskandal in Schutz nahm. Anschließe­nd entschuldi­gte er sich zwar, aber der Imageschad­en war bereits angerichte­t.

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AP-ARCHIVBILD: NEWTON 2015 noch mit offenen Armen empfangen: Papst Franziskus und Erzbischof Theodore McCarrick (rechts) in der St.-Matthews-Kathedrale in Washington

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