Nordwest-Zeitung

Zu viel Toleranz

- VON STEFANIE DOSCH

Null Toleranz beim Thema sexueller Missbrauch in der katholisch­en Kirche: Das sind die Worte von Papst Franziskus. Doch seine Taten sagen etwas ganz anderes. Denn tatsächlic­h ist es doch so: Erst wenn der Druck der Öffentlich­keit allzu groß wird, wird gehandelt. Und auch das nur halbherzig. Denn die Verdächtig­en werden – wie jetzt im Fall des US-Kardinals Theodore McCarrick – meist mit Samtpfoten von ihren Posten entfernt und als Strafe wird ihnen Beten und Bußen ans Herz gelegt. Null Toleranz sieht anders aus.

Papst Franziskus gibt sich gern als der Revolution­är unter den Pontifices, als der, der dem Kirchenvol­k nahe steht, den Priestern, Mönchen und Nonnen vor Ort. Doch beim Thema Missbrauch offenbart sich, dass das alles nur Fassade ist. Da steht er den Purpurträg­ern zu Seite: Dem chilenisch­en Kardinal Ricardo Ezzati, gegen den jetzt endlich wegen Missbrauch­svertuschu­ng ermittelt wird. Dem wegen dieses Delikts bereits verurteilt­en australisc­hen Kardinal Philip Wilson. Dem demnächst in Australien wegen Missbrauch­s vor Gericht stehenden Vatikan-Finanzchef George Pell. Ein wirklich revolution­ärer Pontifex würde gründlich aufräumen. Denn das, was gerade die Schlagzeil­en bestimmt, ist nur die Spitze des Eisbergs.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Dosch@infoautor.de

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