„Da drohen lebensgefährliche Situationen“
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zur Pflege in Krankenhäusern
FRAGE: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Krankenhäuser dazu drängen, mehr Pflegepersonal zu beschäftigen. Andernfalls sollen ihnen Honorark)rzungen drohen. Ein sinnvoller Plan+ LAUTERBACH: Das ist eine alte SPD-Forderung, die der Minister jetzt endlich aufgreift. Das ist eine richtige Maßnahme, die aber eigentlich schon zu spät kommt. Die SPD hatte bereits in der letzten Großen Koalition durchsetzen wollen, dass verbindliche PersonalMindeststandards im Krankenhaus eingeführt werden – leider vergeblich. Jetzt muss der Gesundheitsminister handeln. Es ist höchste Zeit. Viel zu lange schon ist Pflegepersonal verloren gegangen, weil die Arbeitsbedingungen unerträglich waren. FRAGE: ,ie lässt sich bessere Pflege in den Kliniken kurzfristig erreichen+ LAUTERBACH: In der Krankenpflege wird zu Lasten der Pflege gespart. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen. Die Pflege wird in den Fallpauschalen ausgewiesen und vergütet. Die Pflegekräfte, die dort bezahlt werden, gibt es in den Krankenhäusern nicht. Da werden Gewinne gemacht mit nicht eingestellten Pflegekräften. Das müssen wir dringend ändern. Kliniken, die in der Pflege nicht die Mindeststandards erfüllen, liefern eine unterdurchschnittliche und die Patienten gefährdende
Qualität. Dafür darf nicht der volle Preis bezahlt werden. Mehr Personal in der Pflege in den Kliniken wird zumindest kurzfristig nicht zu höheren Kassenbeiträgen führen. Langfristig wird sich eine deutlich bessere Ausstattung der Pflege auch auf die Krankenkassenbeiträge auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir froh sein, wenn wir die Stellen besetzen können, die derzeit bereits bezahlt werden. FRAGE: Patientensch)tzer bezweifeln, dass 1esundheitsmi- nister Spahn den Krankenhäusern bis -.-. konkrete Personalvorgaben machen kann. Es fehlten belastbare /akten zu den Personalzahlen0 LAUTERBACH: Es muss jetzt deutlich mehr Druck geben. Der Bedarf kann auch durch externe Experten errechnet werden, wenn es die Selbstverwaltung nicht schafft. Es ist auch in anderen Ländern gelungen, Instrumente zu entwickeln, um den Bedarf an Pflegeperson in Kliniken zu bestimmen. Dann sollte das auch in Deutschland möglich sein. Es geht jetzt darum, eine Gefährdung der Patienten zu verhindern. Derzeit gibt es so wenige Pflegekräfte in den Krankenhäusern, dass die Patienten nicht ausreichend versorgt und zum Teil gefährdet sind. Da drohen lebensgefährliche Situationen. Manche Stationen sind geschlossen, weil es nicht genügend Pflegekräfte gibt. Das sind unhaltbare Zustände. Wir müssen jetzt zunächst dort helfen, wo die Not am größten ist.