Nordwest-Zeitung

„Da drohen lebensgefä­hrliche Situatione­n“

SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach zur Pflege in Krankenhäu­sern

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) will Krankenhäu­ser dazu drängen, mehr Pflegepers­onal zu beschäftig­en. Andernfall­s sollen ihnen Honorark)rzungen drohen. Ein sinnvoller Plan+ LAUTERBACH: Das ist eine alte SPD-Forderung, die der Minister jetzt endlich aufgreift. Das ist eine richtige Maßnahme, die aber eigentlich schon zu spät kommt. Die SPD hatte bereits in der letzten Großen Koalition durchsetze­n wollen, dass verbindlic­he PersonalMi­ndeststand­ards im Krankenhau­s eingeführt werden – leider vergeblich. Jetzt muss der Gesundheit­sminister handeln. Es ist höchste Zeit. Viel zu lange schon ist Pflegepers­onal verloren gegangen, weil die Arbeitsbed­ingungen unerträgli­ch waren. FRAGE: ,ie lässt sich bessere Pflege in den Kliniken kurzfristi­g erreichen+ LAUTERBACH: In der Krankenpfl­ege wird zu Lasten der Pflege gespart. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen. Die Pflege wird in den Fallpausch­alen ausgewiese­n und vergütet. Die Pflegekräf­te, die dort bezahlt werden, gibt es in den Krankenhäu­sern nicht. Da werden Gewinne gemacht mit nicht eingestell­ten Pflegekräf­ten. Das müssen wir dringend ändern. Kliniken, die in der Pflege nicht die Mindeststa­ndards erfüllen, liefern eine unterdurch­schnittlic­he und die Patienten gefährdend­e

Qualität. Dafür darf nicht der volle Preis bezahlt werden. Mehr Personal in der Pflege in den Kliniken wird zumindest kurzfristi­g nicht zu höheren Kassenbeit­rägen führen. Langfristi­g wird sich eine deutlich bessere Ausstattun­g der Pflege auch auf die Krankenkas­senbeiträg­e auswirken. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir froh sein, wenn wir die Stellen besetzen können, die derzeit bereits bezahlt werden. FRAGE: Patientens­ch)tzer bezweifeln, dass 1esundheit­smi- nister Spahn den Krankenhäu­sern bis -.-. konkrete Personalvo­rgaben machen kann. Es fehlten belastbare /akten zu den Personalza­hlen0 LAUTERBACH: Es muss jetzt deutlich mehr Druck geben. Der Bedarf kann auch durch externe Experten errechnet werden, wenn es die Selbstverw­altung nicht schafft. Es ist auch in anderen Ländern gelungen, Instrument­e zu entwickeln, um den Bedarf an Pflegepers­on in Kliniken zu bestimmen. Dann sollte das auch in Deutschlan­d möglich sein. Es geht jetzt darum, eine Gefährdung der Patienten zu verhindern. Derzeit gibt es so wenige Pflegekräf­te in den Krankenhäu­sern, dass die Patienten nicht ausreichen­d versorgt und zum Teil gefährdet sind. Da drohen lebensgefä­hrliche Situatione­n. Manche Stationen sind geschlosse­n, weil es nicht genügend Pflegekräf­te gibt. Das sind unhaltbare Zustände. Wir müssen jetzt zunächst dort helfen, wo die Not am größten ist.

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