Nordwest-Zeitung

Wie Streaming-Dienste das Fernseh-Verhalten ändern

On-Demand-Plattforme­n ändern das Zuschauerv­erhalten – Hohe Kosten möglich

- VON TATIANA GROPIUS

Junge Menschen schalten nicht mehr um 20.15 Uhr ein, sondern wann immer sie wollen. Doch wer diese Freiheit in vollen Zügen genießen will, muss vor allem eins: Zahlen.

O'DE ( Das Fernsehen hat bei jungen Menschen einen schweren Stand. Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon und Co kommen da deutlich besser weg. Aber woran liegt das eigentlich? Ich habe mich einmal in meinem Freundes- und Bekanntenk­reis umgehört.

Es „kennt“mich, hat stets neue Ideen für mich und begrüßt mich sogar mit meinem Namen: mein Netflix-Konto. Besonders intensiv wurde unsere Beziehung, als ich die Eigenprodu­ktion „Narcos“für mich entdeckte. Fortan las ich abends kein Buch mehr, sondern sah mir stets ein bis zwei Folgen an. Die Serie um den ehemaligen kolumbiani­schen Drogenbaro­n Pablo Escobar zog mich so sehr in den Bann, dass ich noch nicht einmal in Versuchung geriet, zwischendu­rch aufs Handy zu schauen. Endlich wusste ich, wovon das ganze Netz sprach, denn die Serie feierte einen weltweiten Siegeszug. Serien, bei denen alle Folgen sofort verfügbar sind, haben einen Suchtfakto­r.

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Aber halt! War da nicht noch etwas anderes? Das sogenannte Fernsehen? Glaubt man aktuellen Medienberi­chten, hat das Fernsehen für die jüngere Generation ausgedient. Wir gucken angeblich alle lieber On-Demand als damal

rauf zu warten, dass kommende Woche endlich die neue Folge unserer Lieblingss­erie läuft. Und das egal zu welcher Uhrzeit.

Ich wollte es genauer wissen und hörte mich in meinem Freundes- und Bekanntenk­reis um. An meiner natürlich nicht repräsenta­tiven Umfrage – oder vielleicht doch?! – haben 18 Menschen im Alter zwischen 21 und 27 Jahren teilgenomm­en. Einige studieren noch, andere arbeiten

schon. Was soll ich sagen? Der überwiegen­de Großteil schaut entweder kaum bis gar kein Fernsehen mehr. „Ich schaue kaum noch TV – circa zwei Stunden pro Woche. Wenn ich schaue, dann wegen Nachrichte­n“, antwortete mir etwa ein Bekannter. Er hat das Gefühl, bei Streamingd­iensten deutlich hochwertig­ere Serien sehen zu können und ist auch von dem Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt. Außerdem kann er die Folgen

ohne Werbung sowie Pausen sehen.

„Fernsehen ist für mich ein überholtes Medium, da es zu wenig Freiraum ermöglicht. Man ist an Zeiten gebunden, die meisten TV-Serien sind nicht aktuell und ausgelutsc­ht“, meint ein anderer. Nicht wenige lassen Streamingd­ienste während des Frühstücks oder Abendbrots nebenher laufen. Was ich besonders interessan­t finde: Einige besitzen noch nicht ein- mehr einen Fernseher und vermissen ihn auch scheinbar nicht. Wenn dann doch einmal die Flimmerkis­te angestellt wird, dann nur wegen Nachrichte­n (vorzugswei­se bei den Öffentlich-Rechtliche­n und ntv) und bei Sportereig­nissen. Dass Fernsehen mittlerwei­le nur noch so wenig Begeisteru­ng entfacht, hat mich dann doch etwas überrascht. Eigentlich ist es beim Fernsehen ja wie bei all den Streamingd­iensten und PayTV: Wenn man sich das Programm genau anschaut, ist für jeden etwas dabei. Ich würde es schade finden, wenn auch sämtliche Live-Unterhaltu­ngssendung­en von der Bildfläche verschwind­en würden. Denn Lagerfeuer-Feeling haben Shows auf Abruf nicht. Um die volle Bandbreite von Pay-TV genießen zu können, muss man vor allem eines: zahlen.

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Doch selbst bei Sportereig­nissen könnten Streamingd­ienste dem Sportferns­ehen, wie wir es bisher kennen, langsam aber sicher den Rang ablaufen. Die Fußball-Champions League läuft bekannterm­aßen ab der kommenden Saison nur noch auf dem Bezahlsend­er Sky. Kunden können per App die Spiele auch auch dem Tablet oder Smartphone sehen. Aber auch weitere Spiele der Basketball­bundesliga, der Fußballbun­desliga und weiterer Fußballlig­en scheinen nach und nach ins Pay-TV zu wandern.

Kehrseite der neuen Bequemlich­keit und schier endlosen Auswahl: Das Fernsehver­gnügen wird teuer. Denn wer will schon für ein Sky-, YouTube Premium-, Netflix-, Dazn-Abo und den Rundfunkbe­itrag monatlich zahlen. Ob es das wert ist, muss jeder selbst entscheide­n.

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BILD: TATIANA GROPIUS Logos diverser Streaming-Anbieter: Die schiere Fülle an Inhalten stellt den Nutzer teils vor schwierige Entscheidu­ngen.

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