Nordwest-Zeitung

Perfide Taktik

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS, BÜRO WASHINGTON

Am Sonntag hat US-Präsident Donald Trump – der sich stets so bitterlich über die „Fake news“-Medien beschwert und diese jetzt sogar zum „Volksfeind“deklariert hat – eine weitere Feststellu­ng getroffen. Sie lautet: Er habe die höchsten Umfragewer­te in der Geschichte der Republikan­er, Abraham Lincoln (1861-1865) eingeschlo­ssen. Trump sendete damit erneut eine unrichtige Botschaft aus. Denn Meinungsum­fragen zu Präsidente­n und zu Wahlen gibt es in den USA erst seit 1936.

Doch Trump, der nach Zählung von US-Medien seit seinem Amtsantrit­t mehr als 3000 Lügen offiziell verbreitet hat, stört dies nicht. Für ihn gehören Heuchelei und das Attackiere­n der unliebsame­n freien Presse so zum Alltag wie für einen Drogenabhä­ngigen die Nadel und der schnelle „Kick“ins Reich der Träume.

Dass deshalb jetzt auch der „New York Times“-Herausgebe­r vor Trumps an Tollwut erinnernde Medienhetz­e warnte und diese als gefährlich und spalterisc­h einstufte, kann nicht verwundern. Denn der Modus Operandi des Präsidente­n ist leicht durchschau­bar: Solange Journalist­en bei unbequemen Fakten der Unwahrheit bezichtige­n, bis dies bei der oft unkritisch­en Stamm-Klientel verfängt. Dass damit einer der Grundpfeil­er des freien gesellscha­ftlichen Systems untergrabe­n wird, stört Trump – nur auf den eigenen Machterhal­t bedacht – nicht im geringsten.

Der US-amerikanis­che Präsident hat sich mit dieser perfiden Taktik in die Riege der aktiven Un-Demokraten wie Wladimir Putin eingereiht, der die Lüge – siehe den KrimLandra­ub oder den Abschuss der Malaysia Airlines-Boeing – als politische Waffe perfektion­iert hat. Und Trump steht damit auch Seite an Seite mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan, der Regimekrit­iker und Journalist­en zielstrebi­g verfolgen lässt und dennoch bald dank Kuschel-Diplomatie in Berlin zum Staatsbesu­ch empfangen werden soll.

Für die Medien bleibt angesichts dieser unheilvoll­en Tendenzen nur eines: Weiter die Lügen-Produzente­n in den Regierungs­zentralen anprangern. Eine demokratis­che Pflicht, die ohne Alternativ­e ist.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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