Mammutprozess mit 100 Zeugen
Ex-Polizeichef von Dincklage wegen Untreue ab Mittwoch vor Gericht
Hans-Henning von Dincklage soll in 90 Fällen unberechtigt im Dienstwagen unterwegs gewesen sein. Häufig habe er sich von der Privatwohnung zum Dienst fahren lassen.
WILHELMSHAVEN/OLDEN.URG Eine Dreierbeziehung der besonderen Art wird ab Mittwoch, 1. August, vor dem Landgericht Oldenburg durchleuchtet. Es geht um drei Männer, die über viele Jahre in verantwortlichen Positionen der Polizei im Oldenburger Land tätig waren. Nach außen traten sie oft gemeinsam auf und lächelten freundlich in die Kameras der Zeitungsfotografen, doch intern setzte es schon mal
unterm Tisch mehr oder weniger intensive Tritte gegen das Schienbein.
Wenn sich der ehemalige Wilhelmshavener Polizeichef Hans-Henning von Dincklage am Mittwoch ab 9.30 Uhr wegen Untreue vor Gericht zu verantworten hat, geht es auch um das Verhältnis zu seinen Vorgesetzten, dem Polizeipräsidenten a.D. HansJürgen Thurau und dem aktuellen Polizeipräsidenten Johann Kühme. Über Jahre hinweg hatten die drei in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder miteinander zu tun.
Mal waren Thurau und von Dincklage Kühme unterstellt, in Cloppenburg wurde von Dincklage mal Nachfolger von Thurau als örtlicher Polizeichef, später löste der CDU-nahe Thurau im Jahr 2003 das SPD-Mitglied Kühme als Chef der Polizei im Oldenburger Land ab, wurde dann aber im
Jahr 2013 zwangspensioniert und durch Kühme als Polizeipräsident abgelöst – und von Dincklage galt plötzlich als ein möglicher Nachfolgekandidat um das freigewordene Amt des Chefs der Polizeiinspektion Oldenburg/Ammerland.
Genau zu diesem Zeitpunkt wurden gravierende Vorwürfe gegen von Dincklage bekannt. Es ging um die unberechtigte private Nutzung von Dienstwagen. Mit dem Beginn der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde der damals 61-Jährige zunächst als Wilhelmshavener Polizeichef abgelöst, später suspendiert und nach einer erfolgreichen Klage als Dozent an der Polizeiakademie Niedersachsen eingesetzt.
Inzwischen lebt von Dincklage im Ruhestand – und freut sich, dass sein Fall jetzt endlich vor Gericht verhandelt wird. „Wir freuen uns,
dass wir nach fünf Jahren jetzt endlich die Möglichkeit haben, die Sache aufzuklären“, sagt sein Verteidiger Dr. Jürgen Restemeier gegenüber der
. Sein Mandant werde zu Beginn des Verfahrens deshalb auch „sehr ausführlich zu all diesen Dingen Stellung nehmen“.
Danach seien Kühme und Thurau sowie der frühere Landespolizeipräsident Uwe Binias als Zeugen vorgesehen.
Insgesamt sind bisher 37 Verhandlungstage anberaumt und 52 Zeugen geladen worden. Diese Zahl kann nach Ansicht der Verteidigung durchaus auf 100 steigen.
Im Laufe der Gesamtermittlungen hat es nach Informationen insgesamt 44 weitere inzwischen eingestellte „Dienstwagen-Ermittlungen“im Bereich der Polizeidirektion Oldenburg gegeben, darunter auch gegen Kühme und Thurau.