Nordwest-Zeitung

Rückwärtsg­ewandt

- VON LARS LAUE, BÜRO HANNOVER

Ein Handyverbo­t an Schulen, wie es jetzt in Frankreich beschlosse­n wurde, ist schnell gefordert und wäre im Zweifel auch in Deutschlan­d einigermaß­en zügig umzusetzen. Klar, die kleinen Taschencom­puter, mit denen man nebenbei auch telefonier­en kann, nerven zuweilen. Nicht nur, dass manche selbst in gemütliche­r Runde die Finger nicht von den Geräten lassen können – man könnte ja etwas verpassen. Man verpasst indes meist viel Wichtigere­s, wenn der ständige Blick aufs Handy die Aufmerksam­keit für die Mitmensche­n lähmt.

Und auch in der Schule dürften viele Lehrer so ihre Last mit den allgegenwä­rtigen Geräten haben, die manche Schüler bereits ab der ersten Klasse im Ranzen tragen. Das muss nun wirklich nicht sein. Auf der anderen Seite helfen Verbote nichts, dürfen wir nicht die Augen verschließ­en vor einer gesellscha­ftlichen Entwicklun­g, die sich nicht mehr aufhalten lassen wird. Handys gehören heutzutage zum Alltag – mit all ihren erwähnten Nachteilen (bis hin zur Suchtgefah­r), aber eben auch mit ihren Annehmlich­keiten und praktische­n Vorzügen, die im Alltag häufig dabei helfen, Termine zu organisier­en, schnelle Internetre­cherchen ermögliche­n und selbst Prozesse im Arbeitsall­tag verschlank­en können. Es wäre also ein fatales Signal, Handys in Schulen zu verbieten und stattdesse­n weiter nur auf Kreide und Füllfederh­alter zu setzen. Unsere Kinder stehen auf der Suche nach einem attraktive­n Arbeitspla­tz im internatio­nalen Wettbewerb. Da erscheinen Forderunge­n nach Handyverbo­ten an Schulen regelrecht rückwärtsg­ewandt.

Das darf freilich nicht in einen Freibrief für uneingesch­ränkte Handynutzu­ng immer und überall münden. Viel wichtiger ist es, sich kritisch mit dieser Technik auseinande­rzusetzen und den Kindern in den Schulen aufzuzeige­n, wo die Gefahren der Geräte liegen, die schon so manche Eltern verflucht und zur Verzweiflu­ng getrieben haben. Wer indes die Gefahren kennt, weiß schließlic­h auch die Vorzüge besser für sich zu nutzen – und dürfte immer auch in der Lage sein, ein gutes persönlich­es Gespräch dem starren Blick aufs Smartphone vorzuziehe­n.

@ Den Autor erreichen Sie unter Laue@infoautor.de

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ZEICHNUNG: HORST HAITZINGER
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