„Wir müssen konsequenten Klimaschutz betreiben“
Miedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) fordert mehr Tempo bei Energiewende
>RAGN: He 0ies, die Rekordhitze in diesem Jahr folgt auf einen völlig verregneten Sommer 2017. Ist das der vielbesagte Klimawandel? OLA> LIES: Eer Klimawandel ist eine schleichende und damit oft nicht im Alltag wahrgenommene Entwicklung. Die Wetterextreme der letzten Jahre führen uns allerdings dramatisch die Auswirkungen vor Augen: Vor genau einem Jahr brachte das Tief „Alfred“extreme Regenmengen vor allem im südlichen Niedersachsen. Und aktuell Hitze und Trockenheit mit Schäden für die Landwirtschaft und die Infrastruktur – ja, das ist der Klimawandel, den wir derzeit hautnah erleben. >RAGE: Die Landwirte schlagen derzeit Alarm. Welche Konsequenzen sind nötig? LIES: Gerade mit Blick auf die Landwirtschaft sind die Gespräche mit Land und Bund zwingend. Die aktuelle Situation ist auch wirtschaftlich für viele Betriebe dramatisch. Die Beispiele machen uns deutlich, wie vielfältig die Betroffenheit bereits ist. Wir werden das bereits vorhandene Klimanetzwerk stärken und zu einem Klimakompetenzzentrum ausbauen. >RAGE: Das heißt konkret? LIES: Wir müssen konsequenten Klimaschutz betreiben, um die Zwei-Grad-Leitplanke nicht zu überschreiten. Es ist möglich, bedeutet aber die vollständige Transformation der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien bis Mitte des Jahrhunderts. Und das gilt nicht nur für die Erzeugung, sondern gerade für die Bereiche Mobilität und Wärme. Digitalisierung und Infrastrukturausbau bleiben wichtige Themen, funktionieren wird das System aber nur, wenn man es in Einklang mit der Bewahrung unserer Lebensgrundlage bringt. Darum
brauchen wir nicht nur Milliarden für diese Themen, sondern gerade für den Klimaschutz und – leider durch unsere Versäumnisse der Vergangenheit – auch für die Bekämpfung der Klimafolgen. >RAGE: Die erneuerbaren Energien haben Sie eben schon genannt. Wie soll es in dem Bereich weitergehen? LIES: Der Bund täte gut daran, beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht weiter auf der Bremse zu stehen. So müssen die Sonderausschreibungen für Wind und Photovoltaik schnellstmöglich angegangen werden. Gerade der Ausbau an Land ist ins Stocken geraten und die wirtschaftlichste Form der Energieerzeugung – die Offshore- windenergie – wird aus Berlin blockiert. Niedersachsen hat sich hier für die notwendigen Änderungen im Bundesrat eingesetzt. Die konsequente Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien hat zukunftsfähige Arbeitsplätze, eine Stärkung der Volkswirtschaft durch vermiedene Energieimporte, Unabhängigkeit und nicht zuletzt Friedenspolitik zur Folge. Übrigens mit großen Vorteilen für den Norden Deutschlands. Niedersachsen wird zum Energieland Nummer 1 und damit auch der attraktive Standort für Industrieansiedlungen. Industrie folgt Energie und das gilt künftig nur für CO2-freie Energie. >RAGE: Erneuerbare Energien sind das eine. Ein anderes Thema ist Verpackungsm2ll. Allen Appellen zum Trotz produzieren die Deutschen unverändert viel Verpackungsm2ll... LIES: Die Verpackung ist zum Marketinginstrument geworden und dabei wird kaum Rücksicht auf die Umweltbelastungen genommen. Wenn hier schon Plastik vermieden
„Ja, das ist der Klimawandel, den wir derzeit hautnah erleben“
wird, haben wir am Ende deutlich weniger Verpackungsmüll. Die Menge an Verpackungsabfall in Deutschland ist im europäischen Vergleich aber vor allem deshalb so hoch, weil wir in Deutschland ein sinnvolles Trenn- und Recyclingsystem haben. Bei einem Blick auf andere europäische Länder sieht man, dass dort sicher nicht weniger verpackt wird. Dadurch, dass dort der Müll teilweise weniger getrennt wird, taucht in der Statistik natürlich auch weniger Plastikabfall auf. Unabhängig davon muss es unser Anspruch sein, Verpackungsabfälle möglichst zu vermeiden. >RAGE: Wie sieht Ihr Beitrag zum Klimaschutz aus? LIES: Bewusster Konsum, regionale Lebensmittel, sparsamerer Umgang mit Ressourcen und Energie. Insgesamt ist bei der Optimierung meiner persönlichen Klimabilanz aber noch Luft nach oben, das gebe ich offen zu. Aber an mir selbst merke ich damit auch, dass Freiwilligkeit allein seine Grenzen hat.