„Zeit am Anfang kommt nicht wieder“
Matthias Melcher hat bei beiden Kindern Elternzeit genommen – Positive Effekte für alle
Nach den Geburten von Greta und Jakob blieb der 37-Jährige jeweils zwei Monate zu Hause und unterstütze seine Frau. Dabei fand er eine Arbeitsweise heraus, die bis heute Bestand hat.
WIEFELSTEDE eatthias Melcher sitzt am Schreibtisch im Arbeitszimmer seines Einfamilienhauses in einer Siedlung am Rande von Wiefelstede und arbeitet. Der 37-Jährige ist Bereichsleiter des Bereichs Schulverwaltung und Finanzen im Amt für Schule und Bildung der Stadt Oldenburg. Und zweifacher Familienvater.
Draußen im Garten spielen seine Kinder Greta (4) und Jakob (1). Seine Frau Janine rückt gerade ein buntes Planschbecken mit integrierter Rutsche zurecht.
Die Stimmung ist harmonisch und entspannt. Und auch nicht ungewöhnlich im Hause Melcher, denn der Familienvater hat bei beiden Kindern Elternzeit genommen, ist mit dem Alltag mit zwei kleinen Kindern vertraut.
„Bei unserer älteren Tochter Greta habe ich die klassische Elternzeit in Anspruch genommen“, sagt Matthias Melcher. Das habe von Beginn an so festgestanden. Damals blieb er zwei Monate, die er splittete, komplett zu Hause. „Im öffentlichen Dienst ist das nicht mehr so ungewöhnlich – das hat sich immer mehr etabliert.“
Einziger Diskussionspunkt: „Wir haben uns überlegt, ob ich nicht noch länger zu Hause bleiben könnte“, erzählt er. „Nach der Geburt hatte ich einen Monat Urlaub und einen Monat Elternzeit, den zweiten Teil habe ich rund um Gretas ersten Geburtstag genommen.“
Von seinen Arbeitskollegen gab es durchweg positive Rückmeldungen – gerade von
den männlichen Mitarbeitern. „Ich habe mit ein paar älteren Kollegen gesprochen, die mich tatsächlich beneidet haben. Vor 20, 30 Jahren gab es so etwas noch nicht“, sagt der gebürtige Vareler. „Ich selbst finde es auch positiv, weil man als Vater noch besser in die Elternrolle wachsen kann.“
Finanzieller Aspekt
Dennoch: „Bei der Stadt Oldenburg als Arbeitgeber ist das nicht unüblich – ich bin kein Exot.“Auch sei er während der Elternzeit bei Greta noch keine Führungskraft gewesen. „Damals war das nichts Spektakuläres.“Dennoch weiß er auch um eventuelle Nachteile und die Hinderungsgründe für manche Familien. „Man bekommt in dieser Zeit nur Elterngeld, kein Gehalt“, sagt Matthias Melcher. „Das muss man sich dann durchrechnen.“Dennoch ist er sich sicher: „Früher war Elternzeit für Väter gesellschaftlich eher kein Thema. Heute wird man durch das Elterngeld zumindest finanziell besser aufgefangen.“
Bei der Geburt von Jakob
im vergangenen Jahr war das Elterngeld Plus bereits eingeführt. „Dadurch hatten wir mehr Möglichkeiten – auch wenn der finanzielle Aspekt nie eine Rolle gespielt hat.“Aber: „Als Führungskraft konnte und wollte ich nicht zwei bis drei Monate ganz raus aus der Arbeit“, sagt er. Erneut nahm sich der Familienvater nach der Geburt einen Monat Urlaub. „Danach war ich zwei Monate lang in Elternzeit mit 15 Stunden Teilzeitbeschäftigung“, erklärt der Bereichsleiter.
Die Stadt sei ihm dabei sehr entgegengekommen: „Ich musste pro Woche nur einen Tag ins Büro.“Die restliche Arbeit habe er flexibel von zu Hause erledigt. „Da ließ sich Familie und Arbeit gut vereinbaren. Wenn unser Sohn geschlafen hat, konnte ich mich für ein paar Stunden an den PC setzen“, beschreibt er die Vorteile.
Mittlerweile ist er kurz auf die Terrasse gegangen. „Gerade
am Anfang verändert sich das Leben sehr stark“, meint Matthias Melcher und blickt zu seiner Familie. „Man muss das Leben mit einem Kind kennenlernen und sich daran gewöhnen – ich kann die Elternzeit nur empfehlen.“Er half im Haushalt, ging einkaufen, kochte oder brachte – während der zweiten Elternzeit – seine Tochter in den Kindergarten. Dabei geht es dem Wiefelsteder vor allem um die gemeinsame Zeit: „Gerade am Anfang – diese Zeit bekommt man nicht wieder. Ich bin einfach ein Familienmensch“, sagt er und fügt hinzu: „Ich habe großen Respekt vor den Müttern und Vätern, die das von Anfang an allein machen.“
Und auch der Papierkram ist zu bewältigen. „Die Beantragung der Elternzeit an sich ist bei der Stadt Oldenburg relativ unkompliziert. Das Elterngeld zu beantragen ist schon schwieriger“, sagt Matthias Melcher. „Das ist ein
längeres Formular und ein wenig komplexer.“Doch mithilfe der Beratung des Landkreises Ammerland sowie weiterem Infomaterial habe es funktioniert.
Und die Elternzeit hatte noch einen positiven Effekt: „Dadurch habe ich den Einstieg in die Telearbeit bekommen“, erzählt er. Grundsätzlich arbeite er nun einen Tag pro Woche von zu Hause aus im „Home-Office“. „Das hat so viele Vorteile und erleichtert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“
Mittlerweile habe sich durchgesetzt, dass er meistens freitags von zu Hause aus arbeite. „So kann ich meinem eigenen Anspruch an die Vaterrolle besser gerecht werden.“Positiver Nebeneffekt: „Normalerweise fahre ich 45 Minuten mit dem Rad zur Arbeit – die Zeit spare ich jetzt zudem. Und ich kann meine Tochter vom Kindergarten abholen. Das freut sie immer sehr.“
„So ann ich meinem eigenen Anspruch an die Vaterrolle besser gerecht werden“MATTHIAS MELCHER
Rhythmus finden
Und auch seine Frau Janine freut sich über die Unterstützung: „Gerade bei Greta war es schön, dass ich in der Anfangszeit nicht allein war und wir uns absprechen konnten“, sagt die 36-Jährige, die nach der Geburt ihrer beiden Kinder jeweils zwei Jahre Elternzeit hat. „Es ist ein bisschen entspannter.“
Auch nach der Geburt von Jakob habe sich das gezeigt, sagt Janine Melcher. „Unsere Große war damals schon im Kindergarten und hatte ihren Rhythmus. Da hat Matthias sie dann morgens beispielsweise hingebracht und Jakob und ich konnten in Ruhe unseren eigenen Rhythmus finden.“Und Matthias Melcher ergänzt: „Und man baut eine andere, engere Bindung zum Kind auf, als wenn man von 8 bis 17 Uhr arbeitet und relativ wenig zu Hause ist.“
Für den 37-Jährigen geht es nun wieder an den Schreibtisch. Trotzdem: „Ich bin vor Ort – auch wenn ich arbeite.“