Nordwest-Zeitung

Von Wahnbek auf die Aida-Flotte

Firma Bode Metall gibt Menschen eine neue Perspektiv­e

- VON FRANK JACOB

Die Firma Bode Metall zeichnet sich durch ein besonderes Konzept aus. Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmar­kt keine Chance haben, bekommen hier eine neue Perspektiv­e.

WAHNBEK/ETZHORN Handläufe für die Reling von Kreuzfahrt­schiffen, Wellen für die Räder von Einkaufswa­gen oder Haken, an denen in Produktion­sbetrieben wie Brötje Heizkörper aufgehängt werden: Was da in einer Halle im Wahnbeker Gewerbegeb­iet Am Nordkreuz Tag für Tag entsteht, klingt erst einmal nach der Arbeit eines ganz normalen metallvera­rbeitenden Betriebs. Die Firma Bode Metall, die dort seit diesem Frühjahr ihren Sitz hat, ist aber alles andere als ein normaler Betrieb.

„Wir gehen neue Wege“, sagt Geschäftsf­ührer Michael Bode und erklärt: „Wir bieten Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmar­kt keine großen Chancen haben, die Möglichkei­t, zu zeigen was in ihnen steckt.“Langzeitar­beitslosen, Menschen mit Behinderun­gen und Flüchtling­en möchte der 46-Jährige eine Perspektiv­e bieten. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Menschen Q eingesetzt an der richtigen Stelle Q viel mehr Potenzial entwickeln, als viele ihnen zutrauen“, sagt Bode.

Da spricht der Handwerksm­eister und Arbeitspäd­agoge aus langer Erfahrung. Mit 30 wurde der gelernte Schiffbaum­eister wegen Arthrose berufsunfä­hig, fing danach bei den Behinderte­nwerkstätt­en der Gemeinnütz­igen Werkstätte­n in Sandkrug an. 13 Jahre arbeitete Bode dort, war Gruppenlei­ter und baute viele Kundenkont­akte auf. „Das war wie eine große Familie, aber dann wollte ich einen Schritt weitergehe­n.“

Er hatte eine pädagogisc­he Ausbildung absolviert und im Alter von 40 Jahren seinen Metallbaum­eister gemacht. In diesem Jahr folgte nun der Schritt in die Selbststän­digkeit, gemeinsam mit seiner Frau Meike. „Sitzen, stehen, laufen, das geht hier so wie ich es will und kann“, sagt der 46Jährige. Bode kaufte zunächst die nötigen Maschinen und fuhr dafür Ruer durch Deutschlan­d. Zwei Drehbänke, eine Fräse, drei Stanzen und eine Presse stehen nun unter anderem in der Halle am Nordkreuz in Wahnbek.

Stark nachgefrag­t werden zudem Schweißarb­eiten.

Eine der Stanzen stammt aus dem Jahr 1963. Hoch und runter bewegt sich die Apparatur Q immer wieder. Winkel für die Meyer Werft entstehen hier. „Der Arbeitspro­zess ist schnell und einfach zu erlernen und mit einfachen Mitteln verständli­ch zu machen“, sagt Bode. Eine Sprachbarr­iere gibt es da nicht.

„Die Arbeitssch­ritte werden so weit herunterge­brochen, dass jeder jede Arbeit machen kann“, sagt der Oldenburge­r und betont: „Jeder ist an seiner Maschine der Experte.“So können an den Maschinen Hunderte Teile entstehen. Denn: Bode Metall hat sich auf die Serienprod­uktion ab 100 Teilen spezialisi­ert.

Nach den ersten Monaten im laufenden Betrieb kann Bode sagen: „Es ist einfach toll, wie sich das entwickelt, wir scheinen da eine Lücke gefunden zu haben.“Größter Auftraggeb­er seien bisher die Caritas-Werkstätte­n. Und die Handläufe für die Reling von

Kreuzfahrt­schiffen werden sich einmal in der Aida-Flotte wiederfind­en. Die Geschäfte laufen inzwischen so gut, dass Bode die Betriebsfl­äche verdoppeln konnte und jetzt auf 500 Suadratmet­ern produziert wird.

Drei Vollzeitkr­äfte und einen 450-Euro-Jobber beschäftig­t Bode aktuell. Zeitverträ­ge gibt es bei ihm nicht. „Es ist mir ganz wichtig, niemanden auszunehme­n“, betont er. Zwei Flüchtling­e gehören zu den Angestellt­en Q ein Iraker und ein Mann von der Elfenbeink­üste. „Mir ist es wichtig, dass diese Menschen eine Chance bekommen, hier Fuß zu fassen. Sie können nichts dafür, dass dahinten Krieg ist“, sagt Bode, der sich auch als Idealist beschreibt.

Einstellen will der Metallbaum­eister nicht nur Flüchtling­e, sondern auch Menschen mit Behinderun­g. Sie sollen aber erst einmal ein Langzeitpr­aktikum absolviere­n. Der Grund: „Wie reagieren sie ohne soziale Begleitung­P Wie kommen sie damit zurecht, wenn sie ihren geschützte­n Raum verlassenP Schaffen sie es, alleine mit dem Bus hierherzuk­ommenP“, zählt Bode auf. Ein Vorteil des Standortes am Nordkreuz: Die Bushaltest­elle befindet sich direkt vor dem Betriebsge­lände.

Bis zum Ende des Jahres möchte Bode acht Personen beschäftig­en oder wie er ausdrückt: ihnen eine Perspektiv­e bieten.

@ Ein Video sehen Sie im Artikel unter www.NWZonline.de/plus

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BILD: FRANK JACOB Konzentrie­rt an der Drehmaschi­ne im Einsatz: Der Rentner Heino Kannwische­r gehört zum Team der Firma Bode Metall im Gewerbegeb­iet Am Nordkreuz in Wahnbek.
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BILD: FRANK JACOB Wollen neue Wege gehen: Geschäftsf­ührer Michael Bode und seine Frau Meike

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