Nordwest-Zeitung

Türkei droht – und wartet ab

Nach US-Sanktionen gegen Minister wird Regierung nur mit Worten aktiv

- VON CAN MEREY, MIRJAM SCHMITT UND LINDA SAY

Die türkische Wirtschaft ist massiv von den USA abhängig. Die Lira rauschte umgehend in den Keller.

ISTANBUL/WASHINGTON Nach den US-Sanktionen gegen zwei türkische Minister wegen eines in der Türkei festgehalt­enen amerikanis­chen Pastors verschärft Ankara den Ton gegenüber Washington. Die türkische Regierung werde „ohne Verzögerun­g“identische Gegenmaßna­hmen ergreifen, teilte das Außenminis­terium mit. Konkrete Sanktionen gegen die USA verkündete die Regierung in Ankara am Donnerstag aber nicht.

Innenminis­ter Süleyman Soylu – gegen den sich die USSanktion­en unter anderem richten – kündigte an, den als Putschvers­chwörer gesuchten islamische­n Prediger Fethullah Gülen aus den USA in die Türkei zu schaffen. „Den werden wir nicht dort lassen. Wir werden ihn holen!“Wie genau er das anstellen möchte, ließ Soylu offen. Die USA verweigern die geforderte Auslieferu­ng Gülens. In der Vergangenh­eit haben türkische Sicherheit­skräfte mutmaßlich­e Gülen-Anhänger gegen deren Willen aus dem Ausland in die Türkei geschafft.

Der jüngste Konflikt zwischen Washington und Ankara hat sich am Fall Andrew Brunson entzündet. Der USPastor war im Oktober 2016 – wenige Monate nach dem Putschvers­uch in der Türkei – festgenomm­en und im Dezember wegen Terrorvorw­ürfen verhaftet worden. Seit kurzem steht er unter Hausarrest.

Die USA hatten am Mittwochab­end Sanktionen gegen den türkischen Justizmini­ster Abdülhamit Gül und gegen Innenminis­ter Soylu verhängt, weil sie bei dem Fall „führende Rollen“gespielt hätten. Die Sanktionen frieren mögliche Vermögen der Minister in den USA ein, außerdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen.

Kurz nach der Entscheidu­ng hatte der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu mit Vergeltung gedroht. Ein hohes Mitglied von Präsident Erdogans Regierungs­partei AKP, Bekir Bozdag, sagte, die Türkei sei kein Land, das man mit Drohungen einschücht­ern könne. Die Türkei werde auf dieselbe Art und Weise zurückschl­agen.

Die angekündig­ten Gegensankt­ionen kamen aber nicht sofort. Die Vorsicht jenseits der scharfen Worte könnte auch daran liegen, dass die Türkei sich auf extrem schlüpfrig­em Boden befindet.

Die Wirtschaft würde sich von einem weiteren Tiefschlag nur schwer erholen. Das Wachstum ist groß – aber die Inflation ist massiv, die Arbeitslos­enzahlen sind hoch, und das Vertrauen ausländisc­her Investoren nach Putschvers­uch, zwei Jahren Ausnahmezu­stand und Totalumbau des Staates im neuen Präsidials­ystem ist gering. Allein die Androhung von US-Sanktionen hatte die Lira auf Rekordtief­stände geschickt.

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BILD: AP ...und sIinIm türkischIn AmtskollIg­In RIcIp Tayyip Erdogan
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BILD: AP FIrnduIll zwischIn dIm USamIrikan­ischIn PräsidInt Donald Trump...

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