Siemens verlegt mehr Bereiche ins Ausland
Münchener Unternehmen präsentiert Quartalszahlen
MÜNCHEN Siemens verlegt bei der nächsten Runde des Konzernumbaus die Führung wichtiger Unternehmensbereiche ins Ausland. Die bisher fünf Sparten werden in drei operative Einheiten für Gas und Energie, smarte Infrastruktur und digitale Industrie aufgeteilt. „Siemens ist gegenwärtig in einer sehr starken Position“, sagte Vorstandschef Joe Kaeser am Donnerstag vor Analysten und Journalisten in München.
Die Energiesparte mit weltweit 71 000 Mitarbeitern und 21 Milliarden Euro Umsatz soll ihren Sitz im Zentrum der US-Ölindustrie in Houston (US-Bundesstaat Texas) haben. Diese Entscheidung dürfte auch mit der aggressiven Handelspolitik von Präsident Donald Trump zu tun haben. „Mit diesem ganzen Handelszeug sind Unternehmen gezwungen, lokal zu werden“, kommentierte Kaeser die Weltlage. Der neuen Infrastruktur-Einheit in Zug in der Schweiz werden ebenfalls 71 000 Mitarbeiter und 14 Milliarden Euro Umsatz zugeordnet.
Von Nürnberg aus soll zudem das digitale Industriegeschäft geleitet werden. Diese Die Siemens-Zentrale in München soll „schlanker“werden, hieß es vonseiten des Konzerns.
Einheit hat 78 000 Mitarbeiter und 14 Milliarden Euro Umsatz. Neuester Zukauf ist für 600 Millionen Euro das USSoftware-Unternehmen Mendix.
Die Siemens-Zentrale bleibt in München, soll aber „schlanker“werden. Daneben gibt es noch die internen Dienstleistungen fürs Geschäft, die Finanzen und Immobilien, die zusammengefasst werden sollen. Ein neuerliches Personal-Abbauprogramm ist mit der neuen Strategie „Vision 2020 plus“nicht verbunden. Kaeser ließ anklingen, dass er eher an zusätzliche
Mitarbeiter denkt. Starttermin ist der 1. Oktober. „Wir sind so stark, dass der größte Faktor, der den Erfolg behindern könnte, wir selbst sind“, sagte Kaeser.
Weniger begeistert gaben sich indes die Arbeitnehmer. „Die neue Ausrichtung darf nicht dazu führen, dass Marke und Identität von Siemens als vernetzter Technologiekonzern verloren gehen“, mahnte Birgit Steinborn, die Chefin des Siemens-Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende.
Der Siemens-Vorstand hatte die Umorganisation mit dem Betriebsrat und der IG Metall abgesprochen. Die Arbeitnehmervertreter erteilten noch weitergehenden Überlegungen, den Konzern in eine Holding-Struktur umzuwandeln, eine Absage.
„Den Weg in eine Holdingstruktur werden wir weiterhin nicht akzeptieren“, betonte Jürgen Kerner, IG-MetallHauptkassierer und Mitglied des Aufsichtsrats. Denn die Arbeitnehmervertreter seien besorgt, dass dies den Weg in eine Zerschlagung des Konzerns ebnen könnte.
Stark sind derzeit vor allem die Auftragseingänge, die im dritten Quartal des SiemensGeschäftsjahres (30. Juni) um 16 Prozent auf einen Wert von 22 Milliarden Euro zulegten. Der Umsatz sank jedoch – hauptsächlich wegen des starken Euro und schlechter Geschäfte in der Kraftwerksparte – um vier Prozent. Der Nettogewinn ging sogar um 14 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zurück.
Die mit sinkender Nachfrage nach konventioneller Energieerzeugung kämpfende Kraftwerksparte holte zwar wieder mehr Aufträge, der Umsatz ging jedoch um ein Fünftel zurück. Siemens will in dem Bereich in Deutschland 3000 Stellen abbauen.