Nordwest-Zeitung

Op errente um Häl te gekürzt

Warum ein Bremer die Bundesregi­erung in Erkl rungsnot bringt

- VON GEORG ISMAR

1942 desertiert­e Ludwig Baumann aus Hitlers Wehrmacht, die KZ-Haft überlebte er nur knapp. Trotzdem wurde ihm 2017 on der Regierung die Opferrente gekürzt, weil er ins flegeheim kam. Kein Einzelfall.

Der Tod von Ludwig Baumann in Bremen war nur eine regionale Randnotiz. Dabei ist der Wehrmachts-Deserteur der letzte Kriegsüber­lebende der „Bundesvere­inigung Opfer der NSMilitärj­ustiz“. Sein Fall bringt nun die Bundesregi­erung in Erklärungs­not, denn trotz des erlittenen Unrechts wurde ihm zuletzt die NS-Opferrente gekürzt.

Baumann war 1942 von Hitlers Wehrmacht desertiert,

sa zehn Monate in der Todeszelle, wurde zu K -Haft „begnadigt“und überlebte nur knapp. Er wurde später ein bekannter Friedensak­tivist, 1995 bekam er den Aachener Friedenspr­eis. Bis bis zum Tod am 5. Juli war er zudem Vorsitzend­er der „Bundesvere­inigung Opfer der NS-Militärjus­tiz“.

Doch weil Baumann seit 2017 in einem Bremer CaritasPfl­egeheim lebte, wurde ihm seine NS-Opferrente nach- träglich um die Hälfte gekürzt. Seinem Sohn flatterte deshalb eine Nachzahlun­gsforderun­g über 4100 Euro ins Haus. Grundistwo­hl,dassderVat­er nicht rechtzeiti­g den Umzug ins Pflegeheim mitgeteilt hat – seit 1993 bekam er eine NSOpferren­te von zuletzt 660,15 Euro monatlich.

Was bisher kaum bekannt ist: Müssen die Überlebend­en in ein Pflegeheim, kann die Opferrente um fast die Hälfte gekürzt und in ein „Heimtasche­ngeld“umgewandel­t werden. Bei Ludwig Baumann wurden 352 Euro festgesetz­t.

„Das ist ein Unding, das geht gar nicht“, sagt André Baumann. „Die Begründung ist, dass man da ja voll versorgt wird.“Das Schreiben stammt von der Generalzol­ldirektion Köln; Baumann will erst mal nicht zahlen.

Ein Sprecher des zuständige­n Bundesfina­nzminister­s Olaf Scholz (SPD) spricht von einer gängigen Praxis. „Eine Änderung ist nicht vorgesehen.“In den Bewilligun­gsbescheid­en werde darauf hingewiese­n, dass ein Wechsel in ein Pflegeheim mitzuteile­n sei, weil ahlungen dann angepasst würden, da „Einrichtun­gen hinzutrete­n, die anfallende Kosten übernehmen und sich dadurch die Bedarfsstr­uktur ändert“.

Pikant: Ausgerechn­et Olaf Scholz muss nun diese Kürzung verteidige­n, die 2014 durch eine Änderung bei den Härtefallr­ichtlinien des Allgemeine­n Kriegsfolg­engesetzes (AKG) von Amtsvorgän­ger Wolfgang Schäuble (CDU) umgesetzt worden ist. Scholz kennt Ludwig Baumann: Im November 2015 eröffnete der damalige Erste Bürgermeis­ter Hamburgs gemeinsam mit Ludwig Baumann das Deserteurs­denkmal am Stephanspl­atz in Hamburg, das ein politische­s eichen für ivilcourag­e und Gerechtigk­eit setzen soll.

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DPA-BILD: BOCKWOLDT 2017 verstorben: Ludwig Bau ann

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