Nordwest-Zeitung

Le Pen wird 50 – und sieht sich im Aufwind

Front National droht finanziell­er Aderlass – Hoffen auf die Europawahl

- VON CHRISTIAN BÖHMER

U ngeachtet schwerer Rückschläg­e gibt Marine Le Pen nicht auf. Nach ihrem Scheitern bei der französisc­hen Präsidente­nwahl im vergangene­n Jahr hofft die Rechtspopu­listin, die an diesem Sonntag 50 Jahre alt geworden ist, nun auf einen Erfolg bei der Europawahl im Mai 2019.

Die Chefin der Nationalen Sammlungsb­ewegung, die bis vor Kurzem Front National (FN) hieß, sieht sich nach den Regierungs­beteiligun­gen der FPÖ in Österreich und der Lega in Italien im Aufwind. „Heute gibt es wahrschein­lich eine europaskep­tische Mehrheit in Europa“, sagte die Tochter von FN-Mitgründer Jean-Marie Le Pen (90).

Ein Erfolg bei der Europawahl wäre für sie eine Revanche. Europa- und Deutschsch­leierung Marine Le Pen

landfreund Emmanuel Macron hatte sie vor 15 Monaten im Endduell der Wahl um das höchste Staatsamt mit 66 Prozent der Stimmen geschlagen.

Die Affäre um den mutmaßlich gewalttäti­gen Sicherheit­smitarbeit­er Macrons war für Le Pen in den vergangene­n Wochen Anlass für Kritik. Der Staatschef habe an Glaubwürdi­gkeit eingebüßt. Dem Élyséepala­st warf die gelernte Anwältin Lüge und Ver- vor. Mit Beginn der politische­n Sommerpaus­e flaut in Frankreich das Interesse an der Affäre um den ExBodyguar­d Alexandre Benalla allerdings ab. Die Lage von Le Pens Rassemblem­ent National (RN) könnte hingegen wieder mehr in den Vordergrun­d rücken. Denn die RN steht nach Einschätzu­ng Le Pens vor einer existenzbe­drohenden Krise. Unterstütz­er wurden bereits um Spenden gebeten, um eine drohende Zahlungsun­fähigkeit abzuwenden.

Hintergrun­d der Turbulenze­n ist die seit Langem schwelende Affäre um Jobs im Europaparl­ament. Französisc­he Ermittlung­srichter entschiede­n vor rund einem Monat, zwei Millionen Euro aus der öffentlich­en Finanzieru­ng für die Partei einzubehal­ten. „Das ist ein wahrer Anschlag auf die Demokratie“, wehrte sich Le Pen beim Nachrichte­nsender BFMTV. Sie warf den Richtern auch vor, politisch voreingeno­mmen zu sein. Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass Assistente­n von FN-Abgeordnet­en in der europäisch­en Volksvertr­etung unerlaubt für die Partei in Frankreich arbeiteten.

Marine Le Pen bemühte sich seit Übernahme der Parteiführ­ung 2011, dem damaligen FN einen moderatere­n Anstrich zu verpassen. Das ging mit einer Entmachtun­g ihres Vaters einher, der die Partei 1972 als rechtsextr­eme Splittergr­uppe gegründet hatte. Marine Le Pen drängte zwar offenen Rassismus zurück, vertritt aber weiter radikale Positionen gegen Einwanderu­ng. Der neue Parteiname RN signalisie­rt, dass die Partei künftig auch Bündnisse und Kompromiss­e eingehen muss.

 ?? DPA-BILD: CIPRIANI ??
DPA-BILD: CIPRIANI

Newspapers in German

Newspapers from Germany