Prozess bringt alle an ihre Grenzen
Urteil gegen Mutter und Lebensgefährte fällt an diesem Dienstag
Es ist ein Pädophilenund Prostitutionsfall in nicht gekannter Dimension. Eine Mutter überlässt ihr eigenes Kind Männern gegen Geld zum Vergewaltigen.
Von dem Kind, das jahrelang Schreckliches erleben musste, gibt das Gericht wenig preis. Der Junge soll unbehelligt bleiben. Er lebt bei einer Pflegefamilie, persönlich erscheinen muss er in dem Prozess nicht. Auf der Anklagebank im Landgericht Freiburg sitzen seine Mutter und deren Lebensgefährte, der sich vom Jungen Vater nennen ließ. Sie haben zugegeben, den heute Zehnjährigen jahrelang Männern gegen Geld zum Vergewaltigen überlassen zu haben. Nach knapp zwei Monaten und zehn Verhandlungstagen spricht das Landgericht Freiburg an diesem Dienstag das Urteil.
„Es ist ein Verfahren, das die Beteiligten an Grenzen gebracht hat“, sagt der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Insgesamt acht Festnahmen und Anklagen gab es. Die Mutter (48) und ihr wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestrafter Lebensgefährte (39), beides Deutsche, sind die Hauptbeschuldigten. Sie haben zugegeben, den damals in Staufen bei Freiburg lebenden und heute zehn Jahre alten Jungen mehr als zwei Jahre lang im Darknet – das ist ein anonymer Bereich des Internets – angeboten und Männern gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen zu haben. Zudem sollen sie das Kind sowie ein kleines Mädchen auch selbst mehrfach sexuell missbraucht haben. Die Taten wurden gefilmt, die Filme über das Darknet weitergeleitet.
Die Frau äußerte sich im Prozess lediglich nicht-öffentlich. Sie nimmt sonst ohne äußerliche Regung oder erkennbare Emotion an dem Prozess teil. Als „erschreckend nüchtern und teilnahmslos“nannten Prozessbeteiligte ihr Geständnis. Der psychiatrische Gutachter Hartmut Pleines attestiert der Frau, die in schwierigen sozialen Verhältnissen lebte, eine geringe Emotionalität und wenig Mitgefühl: „Die Bereitschaft, ihren Sohn zu opfern, liegt in ihrem wenig entwickelten Gewissensund Normengerüst begründet.“
Ihr Lebensgefährte, der sich als Haupttäter bezeichnet, nutzte den Prozess für umfassende Aussagen. Er äußerte sich öffentlich und sprach in den Strafverfahren gegen andere Beschuldigte als Zeuge. „Es ist eine Lebensbeichte“, sagt der Chefermittler der Freiburger Polizei. Im Gegensatz zur Mutter arbeitete er die Verbrechen auf.
Vor Gericht schilderte der Lebensgefährte die Verbrechen geschäftsmäßig, Gefühle ließ er nicht erkennen. Für sich selbst zieht der 39-Jährige Konsequenzen. Er fordert Sicherungsverwahrung für sich und will dauerhaft hinter Gitter. Zudem will er Schmerzensgeld zahlen. Ihm sei es um Befriedigung seiner sexuellen Interessen gegangen, sagt der Mann, aber auch um Geld. Einer der Männer, ein Spanier, zahlte bis zu 15 000 Euro für Vergewaltigungen.
Der Junge werde nach dem Missbrauch jahrelange Hilfe benötigen, sagte eine Polizistin, die ihn kennt. Derzeit sei der Junge damit beschäftigt, „in seinem neuen Leben anzukommen“. Dabei werde er auch von der Polizei unterstützt. Der leibliche Vater, ein Drogenabhängiger, starb kurz nach der Geburt des Kindes an einer Überdosis.