Kühme und Thurau im Zeugenstand
hemaliger Wilhelmshavener Polizeichef von Dincklage vor Landgericht
Wirklich gute Freunde waren sie nie. Auf einem Gutshof aufgewachsen der eine, in einem evangelischen Pastorenhaushalt der andere. CDUnahestehend der Gutshofjunge Hans-Henning von Dincklage, SPD-Mitglied der Pastorensohn Johann Kühme: Beruflich landeten beide bei der Polizei, von Dincklage ein leidenschaftlicher KripoMann, Kühme geprägt durch die Schutzpolizei.
Über Jahre hatten sie immer wieder in diversen Konstellationen miteinander zu tun, jetzt ist von Dincklage im Ruhestand und Kühme Polizeipräsident für das Oldenburger Land. Am Dienstag treffen sie sich im Oldenburger Landgericht – von Dincklage als Angeklagter, Kühme als Zeuge.
Unerlaubte Privatfahrten im Dienstwagen wirft die Anklage dem 63-jährigen ehemaligen Wilhelmshavener Polizeichef nach fünfjähriger Ermittlungsarbeit vor, 90-mal habe er sein Dienstwagenprivileg missbraucht, in 83 Fällen dabei auch noch seine Vorgesetztenstellung ausgenutzt und sich von einem PolizeiFahrer von seiner Wohnung in Oldenburg zur Dienststelle nach Wilhelmshaven und zurück bringen lassen. Von Dincklage bestreitet die Vorwürfe und kündigt an, dass der bis Dezember geplante UntreueProzess ergeben werde, dass er nicht eine einzige verbotene Privatfahrt im Dienstwagen absolviert habe.
Wie sich die persönliche Beziehung zwischen Kühme und von Dincklage im Laufe der Jahre entwickelte, war bereits mehrfach Thema an den ersten Verhandlungstagen. Irgendwann sei das Verhältnis „ziemlich kaputt“gewesen, erläuterte von Dincklage und berichtet, wie er sich schon vor Jahren von Kühme „regelrecht hintergangen“gefühlt habe. Auch da sei es um eine angebliche Privatfahrt gegangen. Ohne ihn zu fragen oder zu informieren, habe Kühme ihm mitgeteilt, dass er Fahrtenbuchauszüge zur Überprüfung an den damaligen Generalstaatsanwalt gegeben habe, weil er glaube, dass von Dincklage eine Privatfahrt falsch dargestellt habe. Über das Verhalten sei er fassungslos gewesen. Die Beziehung sei auf Eiseskälte gesunken.
Nach Kühme wird Dienstag sein Vorgänger als Polizeipräsident, Hans-Jürgen Thurau, als Zeuge aussagen. Zu ihm sei das Verhältnis vertrauensvoll, fast freundschaftlich gewesen, berichtete von Dincklage.
Gegen beide wurde – ebenso wie in 42 weiteren Fällen – wegen des Verdachts auf unerlaubte Privatfahrten ermittelt. Diese Ermittlungen wurden eingestellt, bei Thurau gegen Zahlung einer Geldauflage, bei Kühme in einem Fall wegen geringen Verschuldens.