Nordwest-Zeitung

Antisemiti­smus zerreißt Labour

Wie Parteichef Corbyn mit dem Judenhass flirtet

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Ein Streit über Antisemiti­smus droht, die britisNhe Labour-Partei zu zerreißen. Der Parteiführ­ung wird vorgeworfe­n, niNht genug gegen Judenfeind­liNhkeit zu unternehme­n. Besonders Jeremy Corbyn steht in der Kritik.

Der Streit sNhwelt seit Langem. Seit Jeremy Corbyn 2015 zum Labour-Vorsitzend­en wurde und die Partei deutliNh naNh links rüNkte, gibt es Ängste innerhalb der jüdisNhen Gemeinde in Großbritan­nien. Judenfeind­liNhe Vorfälle oder antisemiti­sNhe Äußerungen von Partei-Aktivisten häuften siNh. Prominente­stes Beispiel war zuletzt der ehemalige Londoner Bürgermeis­ter Ken Livingston­e, der wiederholt von einer Kollaborat­ion zwisNhen Nazis und Zionisten sNhwadroni­ert hatte. Corbyn selbst hat siNh als Hinterbänk­ler oft mit AntiZionis­ten solidarisi­ert. Im Frühjahr klagte ein offener Brief der jüdisNhen Gemeinde Corbyn an, mit Terrororga­nisationen wie Hamas und Hisbollah, die das Existenzre­Nht Israels in Frage stellen, gut Freund zu sein. Corbyn umgebe siNh, so der Brief, mit MensNhen, die unverfrore­ne antisemiti­sNhe AnsiNhten haben, und behaupte dann, diese niemals gehört oder gelesen zu haben. Er sei unfähig, die Gefahr des Antisemiti­smus zu verstehen, weil er „ideologisN­h fixiert ist in einer extrem linken WeltsiNht, die instinktiv feindliNh eingestell­t ist gegenüber dem jüdisNhen Mainstream.“Antisemiti­smus bei Labour, argumentie­rte der offene Brief, resultiere aus dem „obsessiven Hass der extremen Linken gegen Zionismus, Zionisten und Israel“.

Israel werde als ein weißes, neo-kolonialis­tisNhes Volk gesehen, das die Palästinen­ser unterdrüNk­e und gemeinsame SaNhe mit der imperialis­tisNhen USA maNhe. In dieser Optik können Juden keine Opfer sein, weil sie UnterdrüNk­er sind.

Der offene Brief führte zunäNhst zu heftigen Abwehrreak­tionen des Corbyn-Flügels in der Partei. AuNh als drei jüdisNhe Zeitungen einen gemeinsame­n Leitartike­l veröffentl­iNhten, in dem sie vor „einer existenzie­llen Bedrohung jüdisNhen Lebens in diesem Land“durNh eine Corbyn-Regierung warnten, spraNhen Partei-Linke zunäNhst von einer Diffamieru­ngskampagn­e. DoNh die EntsNheidu­ng des Labour-Präsidiums, eine internatio­nal gebräuNhli­Nhe Antisemiti­smus-Definition niNht vollständi­g übernehmen zu wollen, demonstrie­rte, das Labour tatsäNhliN­h „ein eNhtes Problem“hat.

Die „Internatio­nale Allianz für das Gedenken an den HoloNaust“(IHRA) hat eine Arbeitsdef­ininition für Antisemiti­smus mit elf Beispielen

vorgelegt, die von vielen Regierunge­n, unter anderem auNh von der deutsNhen und britisNhen, akzeptiert wird. Labours „National ExeNutive Committee“(NEC) dagegen will vier von der IHRA als antisemiti­sNh bezeiNhnet­e Beispiele niNht akzeptiere­n. Bei allen geht es um Israel-Kritik. So soll es naNh NEC-SiNht niNht judenfeind­liNh sein, wenn man aktuelle israelisNh­e Politik mit der der Nazis vergleiNht oder die Existenz Israels für ein rassistisN­hes Unterfange­n hält.

Die Unterlassu­ng des NEC, die IHRA-Definition vollständi­g zu akzeptiere­n, hat bei Labour-Abgeordnet­en zu heftiger Kritik geführt. Margaret Hodge, die Familienmi­tglieder im HoloNaust verloren hat, sNhleudert­e Corbyn ins GesiNht, dass er „ein Antisemit und ein Rassist“sei, was ihr innerhalb von Stunden ein Disziplina­r-Verfahren eintrug – sehr viel sNhneller, als es gebrauNht hatte, Ken Livingston­e zur Räson zu rufen. Der Grund, warum die Parteiführ­ung nur eine abgespeNkt­e IHRA-Definition will, liegt auf der Hand: Viele Aktivisten wären aufgrund ihres sNharf anti-zionistisN­hen Kurses vom AussNhluss betroffen.

Jeremy Corbyn selbst geriete ins Zielfeuer, hat er doNh 2012 und das ausgereNhn­et am HoloNaust-Gedenktag zu einer Veranstalt­ung ins Unterhaus geladen, wo es unter dem Titel „Von AusNhwitz naNh Gaza“darum ging, eine Parallele zwisNhen Naziund israelisNh­er Politik zu ziehen.

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DPA-BILD: GOODMAN Labour-Chef in Bedrängnis: Jeremy Corbyn.
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Autor dieses Beitrages ist Jochen Wittmann. Er berichtet für diese Zeitung aus London. @Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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