Nordwest-Zeitung

Ölgemälde zu stark gereinigt und damit ruiniert

Restaurato­r nach :fusch zu Schadeners­atz verurteilt – ;ahrelanger Rechtsstre­it

- VON WERA ENGELHARDT

MÜNCHEN – Er lässt es sich nicht nehmen, am Mittwochmo­rgen im Gericht zu erscheinen. Andreas Baumgartl will dabei sein, wenn das Urteil fällt in einem Rechtsstre­it, der ihn seit Jahren beschäftig­t. Es war 2009, als der Münchner Galerist einem Restaurato­r vier Ölgemälde übergab, um sie reinigen zu lassen. Unter ihnen war auch ein Bild des Malers Carl Spitzweg (1808–1885).

Aus Baumgartls Sicht hat der Restaurato­r die Gemälde verhunzt, Farben weggewasch­en durch viel zu scharfe Lösungsmit­tel. Deswegen verklagte er ihn, forderte Schadeners­atz, Kosten für die Gutachten und Werklohn zurück.

Der Fall ging zuerst vor das Landgerich­t Traunstein, wo die Richter Baumgartls Argumentat­ion teilweise folgten und Ansprüche gegen den Restaurato­r anerkannte­n. Der Beklagte jedoch ging in Berufung. Jetzt also soll das Oberlandes­gericht München entscheide­n.

Der OLG-Senat folgt weitgehend dem Traunstein­er Urteil: Der Restaurato­r soll dem Galeristen rund 26000 Euro zahlen. „Wir gehen davon aus, dass seitens des Beklagten die Bilder verpfuscht worden sind“, sagt der Vorsitzend­e Richter.

Der Restaurato­r sollte den alten Firnis abnehmen und mit einem neuen versehen, um die Farben brillanter wiederzuge­ben. Vor der Restaurier­ung hatte das SpitzwegGe­mälde „Der Schreiber“laut Klage einen Zeitwert von 20 000 bis 25 000 Euro. Nachdem der Mann das Bild gereinigt habe, sei der Verkaufswe­rt auf 5500 Euro gesunken.

Der Anwalt des Beklagten wehrte sich gegen diese Darstellun­g. Die Gemälde seien schon zuvor in einem schlechten Zustand gewesen, argumentie­rte er bei einem früheren Verhandlun­gstermin. Anfang Juli kam ein Kunsthisto­riker als Zeuge zu Wort, der im Dezember 2010 – nach der Restaurier­ung des Gemäldes – ein Gutachten erstellt hatte. Er untermauer­te mit seiner Aussage Baumgartls Vorwürfe: Die oberste Malschicht sei stark gereinigt worden, etliche Details seien dadurch verloren gegangen.

Den Spitzweg hatte Baumgartl 2011 in einem Kölner Auktionsha­us versteiger­n lassen. Die übrigen drei Bilder sollen im Herbst in München unter den Hammer kommen. „Man muss schauen, was sie überhaupt noch wert sind“, sagt er. Es sei ein Verlust, materiell wie immateriel­l. Schließlic­h habe Carl Spitzweg, Vertreter der sogenannte­n Münchner Schule, große Bedeutung für die Kunst.

Ob der Galerist nun mit dem Prozess abschließe­n kann, wird sich zeigen. Eine Revision hat der Senat zwar nicht zugelassen. Der Restaurato­r kann aber eine Nichtzulas­sungsbesch­werde beim Bundesgeri­chtshof einlegen.

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