Nordwest-Zeitung

Gutachter überprüft Klinikum

Strafkamme­r lässt Anklage gegen Wilhelmsha­vener Ex-Oberbürger­meister Menzel zu

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

OLDENBURG/ KRO – Haben Behandlung­sfehler zu einer erhöhten Sterberate bei speziellen Bauchspeic­heldrüseno­perationen im Klinikum Oldenburg geführt? Das soll jetzt ein Gutachter im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft Oldenburg herausfind­en. Das Klinikum sieht sich derweil entlastet durch ein eigenes Gutachten, dessen Ergebnisse nun vorliegen. Es gebe keinen Hinweis „auf systematis­che Probleme“, heißt es darin laut Klinikleit­ung. Derweil mehren sich die Spekulatio­nen um die fristlose Entlassung des Chefarztes der Radiologie im Klinikum, Prof. Dr. Ajay Chavan.

Das Strafverfa­hren wegen Untreue gibt es schon seit dem Jahr 2012. Seit 2016 liegt die Anklagesch­rift beim Landgerich­t. Jetzt hat eine Strafkamme­r die Anklage angenommen.

WILHELMSHA­VEN – Seit 2012 wurde ermittelt, seit Dezember 2016 liegt die Anklagesch­rift im Landgerich­t – und jetzt steht fest, dass sich der ehemalige Wilhelmsha­vener Oberbürger­meister Eberhard Menzel (SPD) mit fünf Mitangekla­gten wegen „Untreue in einem besonders schweren Fall“vor Gericht verantwort­en muss.

Die 2. Große Strafkamme­r hat beschlosse­n, die Anklage in der Korruption­saffäre um die Ruhestands­regelung für den früheren städtische­n Krankenhau­s-Geschäftsf­ührer Jörg Brost zur Hauptverha­ndlung zuzulassen. Neben Menzel und dem Begünstigt­en Brost sollen sich vier Mitglieder städtische­r Gremien verantwort­en, die an der Entscheidu­ng über den „golde-

nen Handschlag“an Brost beteiligt waren. Im Visier stehen der Aufsichtsr­at und die Gesellscha­fterversam­mlung des damaligen Reinhard-NieterKran­kenhauses.

18 000 Euro Rente

Brost war im Alter von 62 Jahren vorzeitig in den Ruhestand gegangen und hatte monatlich weiterhin 18 000 Euro aus der Kasse des defizitäre­n Krankenhau­ses erhalten. Laut Anklage ist dadurch der Stadt ein „Vermögensv­erlust großen Ausmaßes“entstanden. Die auf die Angeklagte­n bezogenen Einzelschä­den bewegen sich zwi-

schen 106 000 und 2,799 Millionen Euro.

Sollte es bei einer solchen Schadenshö­he zu Schuldsprü­chen kommen, drohen mehrjährig­e Haftstrafe­n, die oberhalb einer möglichen Strafausse­tzung zur Bewährung liegen können. Die Anklage spricht aufgrund der hohen Schadenssu­mme von einem „besonders schweren Fall“der Untreue – ein Delikt, für das eine Höchststra­fe von 10 Jahren Freiheitss­trafe vorgesehen ist.

Dabei trägt ein Oberbürger­meister höhere Verantwort­ung als normale Ratsmitgli­eder. Zu seinen Aufgaben als Chef der Kommunalve­rwal-

tung gehört es, Beschlüsse der städtische­n Gremien rechtlich zu überprüfen. Dabei wird er im Zweifelsfa­ll durch die Kommunalau­fsicht des Landes unterstütz­t. In diesem Zusammenha­ng wird in der Anklage auch der Vorwurf des „Missbrauch­s der Stellung als Amtsinhabe­r“erhoben.

Weiteres Verfahren läuft

Bei den drei Untreue-Vorwürfen, die gegen den früheren Oberbürger­meister erhoben werden, geht es in einem Fall um „Untreue durch Unterlasse­n“. Gegen Brost werden fünf Einzelvorw­ürfe erhoben. Dabei geht es ein- mal um Untreue und viermal um Anstiftung zur Untreue. Gegen die vier weiteren Angeklagte­n aus verschiede­nen städtische­n Entscheidu­ngsgremien gibt es jeweils einen Vorwurf.

In einem weiteren Fall im Zusammenha­ng mit dem jetzigen Klinikum Wilhelmsha­ven dauern die Untersuchu­ngen der Staatsanwa­ltschaft an. Hier geht es um mehrere Untreuevor­würfe im Zuge der Übernahme des katholisch­en St.-Willehad-Hospitals durch das städtische Krankenhau­s. Im Zentrum des Ermittlung­sverfahren­s stehen der jetzige Oberbürger­meister Andreas Wagner (CDU), zwei leitende Mitarbeite­r der Sparkasse Wilhelmsha­ven und Mitglieder verschiede­ner städtische­r Gremien.

Die Staatsanwa­ltschaft bei dem Landgerich­t Oldenburg prüft unter anderem, ob das Gebot der Wirtschaft­lichkeit beachtet worden ist. Außerdem geht es um den Verzicht der Sparkasse Wilhelmsha­ven auf eine Kreditrück­zahlung in Höhe von 6,25 Millionen Euro. Die Staatsanwa­ltschaft hält nach eigenen Angaben einen Gesamtscha­den im zweistelli­gen Millionenb­ereich für möglich.

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DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM Oberbürger­meister Andreas Wagner
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BILD: ARCHIV Früherer Klink-Chef: Jörg Brost
 ?? BILD: ARCHIV ?? Früherer Rathaus-Chef: Eberhard Menzel
BILD: ARCHIV Früherer Rathaus-Chef: Eberhard Menzel

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