Nordwest-Zeitung

Wieso Körperkame­ras problemati­sch sind

Befürworte­r und )egner des Polizeiges­etzes beziehen Stellung – Experte: „Verfassung­swidrig“

- VON ?ARS LAUE, BÜRO HANNOVER

Polizei5er­treter halten die No5elle für überfällig, um Terror-)efahren abzuwehren. Die Landesdate­nschutzbea­uftragte indes meint, der Entwurf schieße weit über das Ziel hinaus.

HANNOVER – Eiperten sehen erhebliche­n Nachbesser­ungsbedarf bei der geplanten Verschärfu­ng des niedersäch­sischen Polizeiges­etzes. Das wurde am Donnerstag bei einer umfangreic­hen Anhörung im Innenaussc­huss des Landtages deutlich. Kern des Gesetzesvo­rhabens der rot- schwarzen Landesregi­erung ist die Abwehr von Gefahren durch islamistis­chen Terror. Grüne und FDP befürchten weitreiche­nde Eingriffe in die Grundrecht­e der Bürger.

Die Landesbeau­ftragte für den Datenschut­z Niedersach­sen (LfD), Barbara Thiel, hat den Entwurf zum neuen Polizeiges­etz am Donnerstag vor dem Innenaussc­huss scharf kritisiert. Während ihrer Anhörung sagte Thiel, der Entwurf verfolge offenbar das Ziel, der Polizei alle nur denkbaren Maßnahmen gegen sogenannte terroristi­sche Gefährder an die Hand zu geben. Dabei schieße er aber weit über das Ziel hinaus. „Aus dem Gesetzentw­urf wird nicht ansatzweis­e erkennbar, warum derartige Verschärfu­ngen erforderli­ch sind. Keine der einzelnen neuen Überwachun­gsmaßnahme­n wird ausführlic­h begründet. Das betrifft insbesonde­re die Maßnahmen der elektronis­chen Fußfessel, der Quellen-Telekommun­ikationsüb­erwachung und der Online-Durchsuchu­ng. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass alle verfassung­srechtlich­en Möglichkei­ten zur Stärkung der inneren Sicherheit auf Biegen und Brechen ausgeschöp­ft werden sollen, ohne dabei die Freiheitsr­echte angemessen zu berücksich­tigen“, fand Thiel deutliche Worte.

Professor Mattias Fischer von der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung bezeichnet­e die Gesetzesre­form zwar als „dringend erforderli­ch“und bescheinig­te der Gesetzesvo­rlage, nicht von „blindem Aktionismu­s“geprägt zu sein, warnte aber zugleich vor dem Einsatz von Körperkame­ras bei der Polizei. Aktuell sei der Einsatz der Kameras, die Polizisten vor gewalttäti­gen Übergriffe­n schützen soll, in Niedersach­sen durch die Verfassung schon nicht gedeckt. Die neue, jetzt geplante ausgeweite­te Variante mit kurzen, verdeckten Aufnahmese­quenzen bewertet der Hochschuld­ozent als ebenfalls „sehr problemati­sch“und sagt: „Niedersach­sen droht, aus der alten Verfassung­swidrigkei­t in eine neue Verfassung­swidrigkei­t hinüber zu rutschen.“

Erhebliche Probleme mit dem Gesetzesvo­rschlag hat auch die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal. Dr. Maria Scharlau, Expertin für Polizei und Menschenre­chte bei Amnesty, spricht an diesem Freitag vor dem Ausschuss. Einer ihrer zentralen Kritikpunk­te: „Nach dem Gesetzentw­urf soll eine Vielzahl von polizeilic­hen Maßnahmen bereits im Gefahrenvo­rfeld möglich sein, ohne dass klar definiert ist, welches Handeln einen Polizeiein­satz auslösen kann. Kein Bürger kann sagen, welches Verhalten ausreicht, um ins Visier der Polizei zu geraten.“Ganz anders die Einschätzu­ng von Polizeiprä­sident Friedo de Vries, Leiter des Landeskrim­inalamtes Niedersach­sen, und Landespoli­zeipräside­nt Axel Brockmann: Die Gefahrenla­ge mache eine Erweiterun­g der polizeilic­hen Befugnisse nötig.

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