Nordwest-Zeitung

Vom Laufbursch­en hochgearbe­itet

- VON ULI HESSE

LONDON – „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ist Nicolas Roegs bekanntest­es Werk: In dem Horrorfilm (1973) nach einer Kurzgeschi­chte von Daphne du Maurier spielen Julie Christie und Donald Sutherland trauernde Eltern, die denken, dass sie ihre tote Tochter auf einer Reise nach Venedig sehen. Am 15. August feiert der Kultregiss­eur seinen 90. Geburtstag.

Auch dieses Meisterwer­k verwirrt, genau wie die meisten seiner anderen Filme: Der Regisseur hält seine Zuschau- er bis zur letzten Szene - in der er die Geschichte brutal aufklärt – mit seiner typischen assoziativ­en Schnitt-Technik in Atem.

Er ist bekannt dafür, dass er seine Schauspiel­er bis zur Erschöpfun­g treibt. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die berüchtigt­e Sex-Szene zwischen Christie und Sutherland so echt wirkt, dass darum jahrzehnte­lang Gerüchte schwirrten. Selbst 40 Jahre später sah sich Sutherland zu der Stellungna­hme gezwungen: „Nicht wahr. Nichts davon.“Und Produzent Peter Katz kommentier­te noch 2011

trocken im „Hollywood Reporter“: „Es gab zwar eine Sexszene, die auf Film gebannt wurde, aber es war keine Szene, mit der ein Mensch hätte erschaffen werden können.“

Roeg gibt äußerst selten Interviews; er lässt lieber seine Filme für sich selbst sprechen. John Preston vom „Telegraph“beschrieb ihn als kleinen, gnomenhaft­en Mann mit Segelohren, der in seinem eigenen Film-Universum lebt.

Geboren 1928 in London, arbeitete Roeg sich in den Filmstudio­s gegenüber dem Elternhaus vom Laufbursch­en bis zum Kameraassi­stenten hoch und drehte als Kameramann für „Lawrence von Arabien“(1962). 1970 bekam er die Chance, bei dem Gangsterfi­lm „Performanc­e“Regie zu führen – mit Mick Jagger in der Rolle eines Rockstars.

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DPA-BILD: ABAD Nicolas Roeg

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