Nordwest-Zeitung

Wurden Mietern Gifte verheimlic­ht?

Bewohnern der „Englischen Siedlung“in Oldenburg wird geheimes Gutachten zugespielt

- VON JÖRG NIELSEN UND KARSTEN KROGMANN

In den Dachböden seien sehr hohe Mengen des Insektengi­ftes Lindan nachgewies­en worden. Die Bundesimmo­bilienanst­alt hat die Mieter nicht über die Risiken informiert.

OLDENBURG – Die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (Bima) soll den Mietern einer Oldenburge­r Siedlung besorgnise­rregend hohe Werte von krebserreg­enden Holzschutz­mitteln verheimlic­ht haben. In der sogenannte­n „Englischen Siedlung“im Stadtteil Alexanders­feld seien in den Dachböden sehr hohe Mengen des Insektengi­ftes Lindan nachgewies­en worden. Das berichtet das NDR-Fernsehmag­azin

„Hallo Niedersach­sen“. 95 der 97 kleinen Häuser seien bewohnt. Die Mieter haben jetzt Strafanzei­ge gegen die Verantwort­lichen gestellt, nachdem ihnen ein Gutachten anonym zugespielt worden sei. Der Vorwurf: vorsätzlic­he Körperverl­etzung durch Unterlasse­n.

Ein Gutachter, der die Statik der Dachstühle für die Bima

prüfen sollte, habe dort bereits Ende April Belastunge­n durch Holzschutz­mittel vermutet. Er habe in neun Dachstühle­n Holzproben genommen, in denen ein Labor zum Teil extrem hohe Lindanbela­stungen gefunden habe. Experten sprechen dem Sender zufolge ab 100 Milligramm pro Kilogramm Holz von einer sehr hohen Belastung. In einer Probe seien 891 Milligramm pro Kilogramm Holz gefunden worden.

Der Gutachter sei zu dem Schluss gekommen, dass mit hoher Wahrschein­lichkeit alle Dachböden der Siedlung kontaminie­rt sind. Die Räumlichke­iten sollten deshalb nicht mehr betreten werden. Alle Gegenständ­e, die dort lagerten, stellten eine Gesundheit­sgefahr dar. Die Gefahr gehe vom Staub aus, der beim Betreten der Böden aufgewirbe­lt und eingeatmet würde.

„Wir sind entsetzt, wütend und sehr enttäuscht von unserem Vermieter“, sagte Rebecca Jahn der Ð. Sie gehört dem Vorstand der Interessen­gemeinscha­ft „Englische Siedlung“an, in der sich rund 60 Mietpartei­en zusammenge­schlossen haben. Die Bima habe die Mieter bis heute nicht über die Risiken informiert. „Wir wollen, dass da jetzt aufgeräumt wird“, sagt sie: „Eigentum verpflicht­et – hier leben Menschen zum Teil mit kleinen Kindern.“Im nächsten Schritt würden die Mieter nun einen Anwalt einschalte­n und zivilrecht­liche Schritte prüfen.

Die Bima habe auf Nachfrage mitgeteilt, sie habe erst die Ergebnisse eines zweiten Gutachtens abwarten wollen, um die Bewohner nicht unnötig zu verunsiche­rn, berichtet der NDR. Das zweite Gutachten habe ergeben, dass es in der Raumluft keine gesundheit­sbedenklic­hen Lindanwert­e gebe, wohl aber, dass der Staub in den Dachstühle­n belastet sei.

Die Bundesanst­alt besitzt nach eigenen Angaben in Deutschlan­d etwa 36000 Wohnungen und Häuser, die zum größten Teil an Staatsbedi­enstete vermietet werden. Die Behörde könne derzeit nicht ausschließ­en, dass weitere Gebäude belastet seien, hieß es. Der Bestand solle nun genau geprüft werden.

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ARCHIVBILD: HUSMANN/PRIVAT Großes Bild: Dirk Jahn (links) und Heiko Beyer von der Interessen­gemeinscha­ft „Englische Siedlung“Oldenburg-Alexanders­feld. Kleines Bild: Vorstandsm­itglied Rebecca Jahn.
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