Der Norden hofft auf Japan-Handel
Jefta weckt große Wachstumshoffnungen in hiesiger Wirtschaft
HANNOVER/DPA – Das Freihandelsabkommen Jefta zwischen Japan und der EU weckt Wachstumshoffnungen in der niedersächsischen Wirtschaft. Er rechne bis 2022 mit einem Handelszuwachs im zweistelligen Bereich, sagte der Außenhandelsexperte der IHK Niedersachsen, Tilman Brunner.
Japan ist nach China der zweitgrößte EU-Handelspartner. Das Abkommen biete Chancen vor allem für die Autobranche und den Agrarsektor.
HANN ER – Das Freihandelsabkommen Jefta zwischen Japan und der EU weckt große Wachstumshoffnungen in der niedersächsischen Wirtschaft. Allerdings tun sich Experten derzeit noch schwer, konkret zu werden. Durch die erleichterten Exportbedingungen könnten besonders exportorientierte Industriebranchen neue Geschäftsfelder erschließen, heißt es etwa aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium. Was bedeutet das Abkommen für Niedersachsen? Fragen und Antworten:
Mit Exporten im Wert von rund 1,34 Milliarden Euro im Jahr 2017 belegt laut Wirtschaftsministerium Japan Platz 18 der wichtigsten Bestimmungsländer niedersächsischer Ausfuhren. Nach China ist Japan das zweitwichtigste asiatische Land für niedersächsische Exporte. Den größten Anteil hat mit rund 44 Prozent die Automobilindustrie, gefolgt von der chemischen Industrie (acht Prozent). Gegenüber dem Vorjahr sind die Exporte um 12,6 Prozent gestiegen. Bei den Importen liegt Japan mit rund 0,88 Milliarden Euro auf Platz 24 der wichtigsten Herkunftsländer, ebenfalls zweitwichtigster Handelspartner hinter China. Wichtigste Einfuhren sind Maschinen (13,7 Prozent), sowie Büro- und automatische Datenverarbeitungsmaschinen (11,2 Prozent). Die Importe sind gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent gesunken.
Neben dem Automobilbereich rechnen die Industrieund Handelskammern vor allem im Ernährungssektor mit Wachstumschancen. „Es ist durchaus bemerkenswert, dass hier von japanischer Seite besonderes große Zugeständnisse gemacht wurden: Hier bestehen bislang meist zweistellige Zollsätze, im Durchschnitt rund 13 Prozent auf Agrarprodukte. Künftig kann ein Großteil der Produkte aus dem Ernährungsbereich zollfrei nach Japan eingeführt werden“, sagte IHKAußenhandelsexperte Tilman Brunner. Die EU rechne für verarbeitete Lebensmittel mit einer mittelfristigen Steigerung der EU-Ausfuhren um 180 Prozent. „Das ist natürlich eine sehr optimistische Einschätzung, aber ich rechne auch damit, dass hier der Bereich liegt, der vom Abkommen relativ am meisten profitieren wird“, sagte Brunner. Auch im Kraftfahrzeug-Sektor und bei Pharma- und Medizinprodukten sei eine Zunahme zu erwarten.
Berechnungen des ThünenInstituts in Braunschweig zufolge dürfte wegen des Handelsabkommens EU-weit vor allem die Produktion von Schweinefleisch steigen. Allerdings haben in diesem Bereich Dänemark und Spanien einen Vorteil, denn diese Länder haben den japanischen Exportmarkt bereits für sich erschlossen und dürften unter dem Jefta-Abkommen diese Lieferbeziehungen weiter ausbauen. Langfristig gesehen könnten aber auch die Exporte der deutschen Schweinemäster nach Japan zulegen, sagte die Autorin der Studie, Janine Pelikan. Davon würde auch Deutschlands Schweine-Bundesland Nummer eins Niedersachsen profitieren. Für Deutschland wird voraussichtlich der Export von Milchprodukten eine größere Bedeutung haben. Aber auch hier kommt es auf die Feinheiten an: Denn im Vergleich mit anderen Handelsabkommen gibt es im JapanAbkommen viele Details bei der Definition der Quoten. Die Folge: Der Informationsaufwand bei den Exporteuren ist hoch, was als Handelsbarriere wirken kann.
Ja, gibt es. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, spricht beispielsweise davon, dass das Freihandelsabkommen die kleinteilige japanische Landwirtschaft bedrohen könnte. Deutschland wolle seine „Industrieschweine“exportieren, Japan suche einen besseren Zugang zum europäischen Automarkt, sagte Ostendorff. „Weder Mensch noch Tiere spielen eine Rolle“, erklärte er. Agrar-Ökonomin Janine Pelikan räumt ein, dass es wegen des Freihandelsabkommens zu einem Strukturwandel der japanischen Landwirtschaft kommen könnte. Das bedeute konkret: kleinere Produzenten müssen aufgeben. Für die japanische Gesellschaft als Ganzes sei das aber positiv: „Bei sinkender Protektion der japanischen Landwirtschaft werden die Preise in Japan sinken, was für die Gesellschaft insgesamt wieder zum Vorteil werden kann.“