Nordwest-Zeitung

Din nrsten Sc ritte im Fall der Fälle

Betroffene sind mit Situation oft überforder­t – Anspruch auf Unterstütz­ung Die Situation kommt meist plötzlich. Ist es so weit, stehen viele Menschen in einem Dickicht aus Informatio­nen. Diese Punkte sind zu beachten.

- VON TERESA NAUBER

BERLIN – Ei d jemand pflegebedü­rftig, haben die Angehörige­n Anspruch auf Unterstütz­ung. Jedenfalls theoretisc­h. In der Praxis sind viele mit der Situation überforder­t. Die Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen etwa ließ das Umfrageins­titut Forsa Anfang 2018 nachfragen, wie gut sich pflegende Angehörige informiert fühlen. Das Ergebnis: Wer sich nicht selbst kümmert, wird kaum beraten. Und wer im Internet nachliest, bleibt oft dennoch ratlos zurück. Eugénie Zobel-Kowalski, Juristin und Redakteuri­n bei der Stiftung Warentest, beantworte­t die wichtigste­n Fragen.

Was ist als Erstes zu tun bei einem Pflegefall

Sobald sich so eine Situation abzeichnet, ist ein Anruf bei der Pflegekass­e sinnvoll. Dort stellt man telefonisc­h einen Antrag auf Pflegebedü­rftigkeit. Die Formulare für den schriftlic­hen Antrag werden zugeschick­t. Sind die ausgefüllt­en Formulare bei der Kasse eingegange­n, meldet sich der Medizinisc­he Dienst der Krankenver­sicherung (MDK), um die Situation zu begutachte­n.

Was genau begutachte­t der Medizinisc­he Dienst

Wie selbststän­dig jemand noch agieren kann. Der Gutachter schaut also beispielsw­eise, wie weit sich der potenziell Pflegebedü­rftige noch herunterbe­ugen kann, wie gut seine Motorik noch funktionie­rt und ob eine Demenzerkr­ankung vorliegt. Dabei ist es wichtig, nichts zu beschönige­n. Denn auf der Grundlage des Gutachtens legt der MDK den sogenannte­n Pflegegrad fest.

Mit wie viel Unterstütz­ung kann man rechnen

Das kommt auf den Pflegegrad an. Im Pflegegrad eins etwa gibt es nur einen Entlastung­sbetrag in Höhe von 125 Euro. Er soll zum Beispiel einen Verdiensta­usfall von einem pflegenden Angehörige­n ausgleiche­n. Im höchsten Pflegegrad sind es 901 Euro. Wer einen ambulanten Pflegedien­st beauftragt, bekommt mehr: 689 Euro im Pflegegrad zwei und 1995 Euro im Pflegegrad fünf. Die Kasse rechnet mit einem Pflegedien­st direkt ab. Den Entlastung­sbetrag von 125 Euro pro Monat gibt es dann zusätzlich.

Welche Frage sollten sich Angehörige zuerst stellen

Sinnvoll ist, zunächst zu schauen, ob eine Pflege zu Hause möglich ist: Ist die Wohnung barrierefr­ei? Wenn nicht – lässt sie sich entspreche­nd anpassen? Und natürlich: Wer könnte die Pflege zu Hause übernehmen? In einer Krisensitu­ation kann man eine Kurzzeitpf­lege in einem Pflegeheim nutzen, um solche Dinge zu klären. Dort wird der Pflegebedü­rftige für eine bestimmte Zeit – maximal 56 Tage binnen eines Jahres – untergebra­cht. Danach können beide Seiten weitersehe­n.

Wo gibt es Beratung für Betroffene

Wer hilft bei Fragen zur Anpassung der Wohnung

Was ist bei der Wahl des Pflegeheim­s zu beachten

Die Pflegekass­en bieten selbst Beratung an oder können Stellen vermitteln, die das tun. Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) listet kostenlose und unabhängig­e Beratungss­tellen auf. Unter der Nummer 030/20179131 erreichen Angehörige von Montag bis Donnerstag jeweils zwischen 9 und 18 Uhr zudem das Pflegetele­fon des Bundesfami­lienminist­eriums. Auch die Unabhängig­e Patientenb­eratung Deutschlan­d berät zu diesen Themen.

Hier hilft die Bundesarbe­itsgemeins­chaft Wohnungsan­passung weiter, ein Zusammensc­hluss von Wohnberate­rn. Solche spezialisi­erten Berater kommen nach Hause und schauen gemeinsam mit den Betroffene­n, welche Umbauten möglich sind – und wie sie am besten umgesetzt werden. Es gibt kostenlose und kommerziel­le Angebote. Ein Preisvergl­eich lohnt sich.

Das Wichtigste ist, sich selbst ein Bild zu machen. Nur aufgrund der Informatio­nen auf der Internetse­ite etwa sollte niemand ein Pflegeheim auswählen. Stattdesse­n macht man am besten einen Termin mit der Heimleitun­g und lässt sich herumführe­n. Beim Rundgang unbedingt auch Bewohner ansprechen, und möglichst auch einmal mit den anderen essen. Sinnvoll ist auch, noch mal ohne Termin wiederzuko­mmen. Kommt ein Heim infrage, lohnt sich ein Probewohne­n.

@ Mehr Infos auch zu lokalen Ansprechpa­rtnern unter www.zqp.de

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DPA-BILD: BERG Plötzlich Pflegebedü­rftig – und was nun? Bei der Suche nach der besten Lösung in dieser schwierige­n Situation ist einiges zu bedenken.

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