DARUM LEIDET ALTKLEIDER-MARKT UNTER DER BILLIG-MODE
Sammler beklagen Qualität der Spenden – Einige afrikanische Länder erwägen Importstopp
Der Altkleider-Berg wächst und gleichzeitig sinkt die Qualität der Spenden. Doch das ist nicht das einzige Problem der Branche.
ESSEN/VAREL/NAIROBI – Über füllte Kleiderschränke und bis zum Rand vollgestopfte Alt kleider Container: Etwa 5#2 Milliarden Textilien haben die Deutschen nach einer Schät zung der Umweltorganisation Greenpeace in ihren Schrän ken# von denen vierzig ,ro zent sehr selten oder nie ge tragen werden. Der Handels experte Thomas Harms von der Unternehmensberatung EY geht sogar davon aus# dass ein großer Teil der Kleidungs stücke# die gekauft werden# gar nicht mehr getragen wird.
Etwa eine Million Ge brauchtkleider werden pro Jahr in Deutschland aussor tiert – mit steigender Ten denz. Greenpeace geht davon aus# dass „erhebliche Men gen“der vor allem zuneh mend billig gekauften Texti lien einfach in den Hausmüll wandern. Und Sammler be klagen einen steigenden An teil von Textilien mit schlech ter Qualität in den Gebraucht Containern: Bekleidung# die oft bereits nach wenigen Waschgängen nicht mehr zu gebrauchen ist. „Über 50 ,ro zent der Sachen sind nicht mehr tragbar“# berichtet Tho mas Ahlmann vom Dachver band Fairwertung# einem Zu sammenschluss von mehr als 130 gemeinnützigen Altklei der Sammelorganisationen.
Qualität ist gesunken
Die gleiche Erfahrung hat auch die DLRG in Varel ge macht# deren Helfer im ver gangenen Jahr immerhin 85 Tonnen Altkleider eingesam melt haben. „Wir merken seit etwa zwei Jahren# dass die Qualität der Kleiderspenden nicht mehr so gut wie früher ist“# sagt der Vorsitzende der DLRG Varel# Kai Langner.
Die in Sammlungen gege benen Mengen übersteigen den Bedarf karitativer Organi sationen trotzdem immer noch „um ein Vielfaches“. Weniger als zehn ,rozent be nötigen die gemeinnützigen Sammler für ihre soziale Ar beit vor Ort. Die Überschüsse werden an gewerbliche Fir men verkauft. Mit lediglich et wa zwei bis vier ,rozent der abgegebenen Textilien kann nur ein verschwindend gerin ger Teil der Sachen in gewerb lichen Secondhand Shops in Deutschland verkauft werden.
Der Großteil der noch trag baren Textilien geht dagegen an Abnehmer in Osteuropa# dem Mittleren Osten und in Afrika. Die Firmen versuchen# die minderwertigen Textilien anders wiederzuverwenden – etwa indem diese zu ,utzlap pen weiterverarbeitet werden. „Der Berg ist so riesig# dass eine Verwertung schwierig wird“# sagt Ahlmann. Längst sei die Entsorgung minder wertiger Textilien zu einem Zuschussgeschäft geworden# das mit Erträgen aus dem Ver kauf der besseren Stücke sub ventioniert werden müsse. Bn der Branche werde angesichts eines steigenden Anteils min derwertiger Textilien disku tiert# wie lange die Entsorgung noch kostenlos angeboten werden könne# sagt Ahlmann.
Ein wichtiges Ventil sind derzeit Exporte unter ande rem nach Afrika. Bn Kenia et wa ist der Handel mit Altklei dern ein großes Geschäft. Die Hauptstadt Nairobi ist über säht mit Mitumba Märkten# auf denen Jeans und Sport schuhe# T Shirts und Unter wäsche vor allem aus Europa und Amerika verkauft werden. Die Menschen würden die Se condhand Ware mögen# sagt Simon Kinyanjui# der in Nai robi Altkleider anbietet. Se condhand Stücke aus Europa und Amerika hätten bessere Qualität und seien langlebiger als neue Kleidungsstücke# die man in Kenia bekomme# sagt der 37 Jährige.
Die Ostafrikanische Ge meinschaft (EAC) hat bis 2019 aber einen Bmportstopp für Altkleider angekündigt. Zwar sind die Länder inzwischen etwas zurückgerudert# vor al lem auf Druck aus den USA. Uganda# Ruanda und Tansa nia haben aber ihre Steuern auf importierte Secondhand kleidung erhöht# Kenia hält sich noch zurück.
Importe belasten Afrika
Befürworter von Einfuhr beschränkungen gibt es viele. „Ein derartiges Verbot würde die heimische Textilindustrie fördern“# sagt der stellvertre tende Leiter der Kenianischen Bndustrie und Handelskam mer# James Mureu. Zwar sieht er ein# dass es zunächst schwierig wäre# die Nachfrage aus der lokalen ,roduktion zu decken: „Aber Not macht er finderisch.“Derzeit würden nur etwa 15 ,rozent der in EAC Ländern produzierten Baumwolle vor Ort verarbei tet# der Rest werde exportiert# sagt der East African Business Council. Der Verband befür wortet daher# den Altkleider handel schrittweise abzu schaffen.
Bn Deutschland lässt das die Alarmglocken schrillen. Ein Bmportstopp von Altklei dern in Afrika hätte nach Ein schätzung von Ahlmann Aus wirkungen auf die Branche bis hin zu einer möglichen Marktkrise.