Nordwest-Zeitung

Ein totes Pferd

AUF HELLER UND PFENNIG

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Glyphosat sei so unbedenkli­ch, man könne es quasi trinken, versichert­e mir noch vor kurzem ein Landwirt. Ob er dies nach dem Urteil eines US-Gerichtes wiederhole­n würde? Die Richter sprachen dem Platzwart einer Schule, der mehrfach mit Glyphosat direkt in Berührung gekommen war, weil er es zur Unkraut-Vernichtun­g sprühte, fast 300 Millionen US-Dollar an Schadeners­atz zu.

In den USA rollt eine Klagewelle auf Bayer zu mit mehr als 4000 weiteren Glyphosat-Klagen gegen die Tochter Monsanto, die Bayer gerade erst nach gut zweijährig­em Ringen zum Rekord-Kaufpreis übernommen hatte. Die Pflanzensc­hutzmittel wachsen sich für Bayer zu einem Milliarden­risiko aus. Denn neue Klagen gegen andere Wirkstoffe laufen bereits an.

In Kanada stehen Insektizid­e von Bayer auf der Kippe, weil sie im Verdacht stehen Bienen zu schädigen. In den USStaaten Arkansas, South Dakota und St. Louis wurden Sammelklag­en gegen einen weiteren Unkrautver­nichter, Dicamba, eingereich­t. Er wird bei genverände­rten Pflanzen eingesetzt, soll jedoch Schäden auf konvention­ellen Nachbarfel­dern anrichten.

Immer klarer wird: Der Kauf von Monsanto für mehr als 50 Milliarden Euro, so viel wie noch kein deutsches Unternehme­n zuvor im Ausland gezahlt hatte, war ein Riesenfehl­er. Das Risiko der Klagen war durchaus abschätzba­r, wurde von der Bayer-Führung in ihrem Größenwahn ignoriert. Bezahlen werden nun die Eigentümer, heißt Aktionäre. Rund 16 Milliarden an Unternehme­nswert gingen allein in dieser Woche an der Börse verloren. Wegen der derzeit unkalkulie­rbaren Schadeners­atzsummen wird sich kaum einer mehr trauen in Bayer zu investiere­n. Wenn es ganz dicke kommt, werden am Ende auch Jobs gefährdet sein.

Mit Monsanto hat sich Bayer neben Unkrautver­nichtern auch Gentechnik eingekauft. Beides ist in der EU höchstumst­ritten. Beschränku­ngen oder Verbote sind nur noch eine Frage der Zeit. Bayer hat mit Monsanto ein Pferd geritten, das schon bei der Übernahme tot war. Eine gigantisch­e Management-Fehlleistu­ng, die nun viel Geld vernichtet. Wobei Geld ersetzbar ist, Leben dagegen nicht.

Die Konsequenz­en? Werden wieder mal null sein. Kein Bayer-Manager wird weniger verdienen oder finanziell einen Teil zum Ausgleich des Schadens beitragen müssen. Insofern bleibt alles beim Alten. Und die Politik schweigt.

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Anja Kohl über den Skandal um Monsanto

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