Nordwest-Zeitung

So will Satiriker der AfD Stimmen abjagen

Martin 8onneborn plant mit 8paß-Partei wieder Einzug ins EU-Parlament

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL – Wenn es nach ihm gehen würde, dann müsste dieser Beitrag vermutlich so beginnen: „Paukenschl­ag in Brüssel: Sonneborn macht weiter“. Immerhin hatte Martin Sonneborn (53), Satiriker, Chef der Spaß-Partei „Die Partei“und Europa-Abgeordnet­er seit 2014, den Mittwoch vor dem Ende der EU-Sommerpaus­e ausgewählt, um sich ohne Ablenkung durch andere Brüsseler Termine wieder zu Wort zu melden. Gemeinsam mit dem aus der ZDF-Satiresend­ung „heuteshow“bekannten Kabarettis­ten Nico Semsrott (32) wolle er ein „Kandidaten-Duo“bei der Europawahl 2019 bilden und einen „Präsidents­chaftswahl­kampf nach amerikanis­chem Vorbild“führen. Man habe sich mit dem Kinderspie­l Schere-Stein-Papier darauf geeinigt, dass Sonneborn für den Spitzenjob der Kommission antrete, Semsrott wolle den Chefsessel des Parlaments erobern. Das Wahlziel bestehe darin, der AfD Wähler abzujagen. Und da Satire

gern auch mal böse sein soll und weh tun muss, kündigten beide eine Kandidaten­Liste mit Parteimitg­liedern an, die die gleichen Nachnamen wie bekannte Nazis tragen: Göbbels, Göring, Speer oder Eichmann. Das sei ein probates Mittel, um „verwirrte CSU-Wähler“und „demente CDU-Wähler“einzufange­n.

Sonneborn setzt seinen Versuch, die EU zu entlarven

und ihre Vertreter öffentlich zu brüskieren, also fort. Vor vier Jahren hatten 0,6 Prozent der deutschen Wähler für die 2004 gegründete „Partei“gestimmt – ohne eine Sperrklaus­el, die das Bundesverf­assungsger­icht zuvor gekippt hatte, reichte dies für einen Sitz im Straßburge­r Plenum. Dennoch ging Sonneborns Plan nicht auf. Der hatte schon unmittelba­r nach dem Einzug in die europäisch­e Volksvertr­etung angekündig­t, sich „vier Wochen lang intensiv auf seinen Rücktritt“vorzuberei­ten. Denn: „Wir werden versuchen, monatlich zurückzutr­eten, um 60 Parteimitg­lieder durchzusch­leusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33 000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktrit­t und noch sechs Monate lang Übergangsg­elder bezieht“. Doch aus dem spaßigen Rotationsp­rinzip wurde nichts. Die Geschäftso­rdnung des Hohen Hauses machte das Vorhaben zunichte. Sonneborn blieb, wurde Mitglied im Ausschuss für Kultur und Bildung sowie in der Delegation für die Beziehunge­n zur Koreanisch­en Halbinsel.

Für Sonneborn dürfte die nächste Europawahl (in Deutschlan­d wird am 26. Mai 2019 abgestimmt) die letzte Chance auf ein Mandat sein. Ab 2024 soll es eine europaweit­e Sperrklaus­el von zwei Prozent geben, die den Einzug von Splitterpa­rteien in das Plenum verhindert.

 ?? DPA-BILD: HAASE ?? Der Satiriker Martin Sonneborn (rechts) und der Kabarettis­t Nico Semsrott (beide „Die Partei“) präsentier­ten bei der Vorstellun­g des Wahlkampft­eams ein Schild mit Namen. Es sind die Namen von als Kandidaten aufgestell­ten Parteimitg­liedern, die zum Teil die gleichen Nachnamen wie bekannte Nazis tragen.
DPA-BILD: HAASE Der Satiriker Martin Sonneborn (rechts) und der Kabarettis­t Nico Semsrott (beide „Die Partei“) präsentier­ten bei der Vorstellun­g des Wahlkampft­eams ein Schild mit Namen. Es sind die Namen von als Kandidaten aufgestell­ten Parteimitg­liedern, die zum Teil die gleichen Nachnamen wie bekannte Nazis tragen.

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