Nordwest-Zeitung

„Ba ern nter enormem Dr c!"

- VON TOBIAS SCHMIDT

Robert Habeck, Vorsitzend­er von Bündnis 90/ Die Grünen, spricht über die Dürreschäd­en.

FRAGE: Eerr Habeck, Julia Klöckner erklärt, die Ernteschäd­en hätten ein nationales Ausmaß, und verspricht eine Staatshilf­e von 340 Millionen Euro. Eine richtige Entscheidu­ng, um zu helfen? HABECK: Die Summe dürfte ausreichen. Ich halte aber die Art, wie das Geld verteilt werden soll, für problemati­sch. Landwirte sollen jetzt nämlich Liquidität­sprobleme nachweisen. Das könnte dazu führen, dass zum Beispiel ein Bauer, der einen großen Stall gebaut hat und sowieso schon stark verschulde­t ist, eher Unterstütz­ung bekommt als ein Bauer, der weniger Kühe oder Schweine hält, also das Spiel „Wachse-oder-weiche“nicht mitgespiel­t hat. Insofern unterstütz­t die Hilfe mindestens implizit das Prinzip des ungebremst­en Wachstums, das uns ja gerade die großen Probleme bringt.

FRAGE: Die Bauern hatten mehr als eine Milliarde Euro gefordert. Lassen Bundesregi­erung und Länder die Landwirte im Regen stehen? HABECK: Nein, davon kann keine Rede sein. Pauschal die Milliarde zu fordern war nicht klug, das ist viel zu viel. Trotzdem ist es richtig, die Landwirte gezielt zu unterstütz­en. Wir als Gesellscha­ft haben sie ja schließlic­h in eine Sackgasse manövriert. Bauern sind schon lange keine freien Marktteiln­ehmer mehr. Sie stehen unter dem enormen Druck, immer mehr und immer billiger zu produziere­n, damit wir günstige Lebensmitt­el haben. Es ist aber auch eine politische Verantwort­ung: Wir brauchen eine andere Art der Förderung, die Alternativ­en zur industriel­len Produktion bietet.

FRAGE: Ist die industriel­le Landwirtsc­haft mitverantw­ortlich für die Klimaerwär­mung und damit die Dürre? HABECK: Die Landwirtsc­haft trägt mit ungefähr sieben Prozent Treibhausg­asen zur Klimaerwär­mung bei. Grund ist vor allem die hohe Produktion von tierischen Produkten, Fleisch, Milch, Eiern. Wenn wir eine andere Landwirtsc­haft wollen, müssen wir auf gleicher Fläche weniger Tiere halten und die Fleischpro­duktion zurückfahr­en. Wir sehen ja, wie das bisherige System die Klimakrise befeuert und sich jetzt gegen die Landwirte wendet.

FRAGE: Macht die Landwirtsc­haftsminis­terin ausreichen­d Druck?

HABECK: Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um verfolgt seit Jahren eine Ideologie des freien Marktes und unbegrenzt­en Wachstums. Und macht überhaupt keinen Druck in die andere Richtung. Fakt ist aber, dass die Bauern immer weniger selbstbest­immt wirtschaft­en können, sondern faktisch Aldi, Lidl & Co. ihnen das über den Preis und die Handelsmac­ht vorgeben.

 ?? DPA-BILD: ZINKEN ??
DPA-BILD: ZINKEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany