Richtige Freude kommt nicht auf
Ausgereiste Journalistin Mesale Tolu weist auf zahlreiche Inhaftierte hin
Mit ihrem dreijährigen Sohn reiste Mesale Tolu aus der Türkei aus. Sie war wegen ihrer journalistischen Tätigkeit festgehalten und sogar inhaftiert worden.
STUTTGART/ISTANBUL – Die in der Türkei angeklagte Journalistin Mesale Tolu ist wieder in Deutschland. Am Sonntagmittag landete die deutsche Staatsbürgerin 16 Monate nach ihrer Festnahme gemeinsam mit ihrem dreijährigen Sohn auf dem Stuttgarter Flughafen. „Ich freue mich aber nicht wirklich über die Ausreise“, sagte Tolu vor Journalisten. Sie wisse, dass sich in dem Land, in dem sie eingesperrt
war, nichts verändert hat. Zahlreiche Kollegen, Oppositionelle, Anwälte, aber auch Studenten seien immer noch eingesperrt. Für deren Freilassung wolle sie sich weiter einsetzen.
Ein türkisches Gericht hatte die Ausreisesperre für die Reporterin aufgehoben. Der Prozess gegen sie soll aber fortgesetzt werden. Tolu steht
in Istanbul wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor Gericht. Der 33-Jährigen drohen bis zu 20 Jahre Haft.
Die gebürtige Ulmerin Tolu war Ende April 2017 bei einer Razzia in Istanbul festgenommen worden und saß bis Dezember in Untersuchungshaft. Beim zweiten Prozesstermin im Dezember hatte das Gericht zwar Tolus Entlassung aus dem Gefängnis verfügt, aber ein Ausreiseverbot angeordnet. Tolu hat vor ihrer Verhaftung für die linke Nachrichtenagentur Etkin News Agency (Etha) gearbeitet. Mit ihr ist unter anderen ihr Ehemann Suat Corlu angeklagt. Seine Ausreisesperre besteht weiterhin.
Im Februar 2018 hatte ein Istanbuler Gericht die Freilassung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel verfügt. Yücel hatte mehr als ein Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft gesessen. Der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner war im Oktober 2017 nach dreieinhalb Monaten Untersuchungshaft entlassen worden und nach Deutschland zurückgekehrt. Gegen beide gibt es ebenfalls Terrorvorwürfe.