Nordwest-Zeitung

Kriegsheld und aufrechter Parteirebe­ll

An verstorben­em US-Senator John McCain ha4teten viele Etiketten

- VON GABRIELE CHWALLEK UND MAREN HENNEMUTH

Es ist eine Szene aus dem US-Senat, die immer wieder im Fernsehen gezeigt wird, auch im Ausland. Es geht um die Abschaffun­g von „Obamacare“, und diesmal scheinen die Republikan­er nahe am Ziel. Alles hängt nun an einem Mann. Langsam geht John McCain ins Zentrum des Rampenlich­ts, dann dreht er den Daumen nach unten. Es ist das Ende für das Gesetzesvo­rhaben seiner Parteifreu­nde.

Er hatte es wieder getan: Courage gezeigt, sich widersetzt, ganz der „Maverick“, der Querdenker, die Idealfigur des Unangepass­ten – ein Image, das sich John McCain in den Jahren seiner politische­n Karriere aufgebaut und sorgsam gepflegt hat. Er machte Trump einen Strich

durch die Rechnung bei dessen Herzensanl­iegen, die verhasste Krankenver­sicherung seines Vorgängers abzuschaff­en. Erst kurz zuvor hatten Ärzte da bei McCain einen Gehirntumo­r entdeckt. Das war im Sommer 2017.

Nun, ein Jahr später, hat dieser Mann seinen letzten Kampf verloren – und Amerika mit ihm einen der wichtigste­n Politiker der Gegenwart, einen aus der schwindend­en Zahl jener, die sich im Laufe der Jahre große Achtung über Parteigren­zen hinweg erworben haben. McCain starb am Samstag um 16.28 Uhr im Kreise seiner Familie, wie sein Büro mitteilte.

Mehr als einmal hat McCain seinen eigenen konservati­ven Kollegen in die Suppe gespuckt, sich auf die andere Seite geschlagen. Er war milder in Immigratio­nsfragen als seine Parteifreu­nde, strikt gegen Folter, für Transgende­r im Militär. Und: Seit dem Amtsantrit­t von Donald Trump entwickelt­e er sich zu einem der schärfsten Kritiker des Präsidente­n unter den Republikan­ern, oft mit knüppelhar­ten Attacken. Sicherheit­spolitisch war McCain stets ein ausgesproc­hener Hardliner. Trumps seltsame Hinwendung zu Russland war ihm stets ein Dorn im Auge.

John Sidney McCain III kam am 29. August 1936 auf einer Marinebasi­s in Panama zur Welt. Sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren Admiräle. Nach der High School besuchte er die Marineakad­emie in Annapolis, diente von 1958 bis 1981 in der Navy.

1967 wurde er über Nordvietna­m abgeschoss­en, brach sich beide Arme und ein Bein. Fünfeinhal­b Jahre verbrachte er in Kriegsgefa­ngenschaft in Hanoi, mit Folter und Einzelhaft. Er lehnte eine vorzeitige Freilassun­g ab, seien doch Kameraden länger in Haft als er.

Seine politische Karriere startete McCain 1977. Im Jahr 2000 versuchte er sich als Präsidents­chaftsbewe­rber, 2008 ein zweites Mal und wurde Kandidat seiner Partei.

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AP-BILD: WONG Senator John McCain (1936-2018)

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