Ein Lichtblick und viel Mittelmaß
Bei 1:1 gegen Hannover kommt erst mit Pizarro Schwung ins Bremer Spiel
Werder tat sich gegen die defensiv gut organisierten 96er sehr schwer. Gebre Selassie bewahrte die Gastgeber kurz vor Ende vor einem Fehlstart.
BREMEN – Claudio Pizarro rannte, er grätschte, er köpfte drüber, er spitzelte den Ball am Pfosten vorbei. Vier Torschüsse in 25 Minuten notierten die Statistiker – und damit die meisten aller Spieler von Werder Bremen. Viel wichtiger als diese Zahlen war aber der Eindruck, den der fast 40Jährige beim 1:1 (0:0) gegen Hannover 96 machte. Schon nach dem ersten Spieltag steht fest: Pizarros Rückholaktion ist weit mehr als ein Marketing-Gag, der Peruaner weit mehr als nur ein Stimmungsmacher in der Kabine des Fußball-Bundesligisten. Pizarro war der mit Abstand gefährlichste Spieler einer Mannschaft, die ansonsten ganz viel Mittelmaß zeigte.
Mit Pizarro gefährlicher
„Er ist ein besonderer Spieler. Wenn er reinkommt, passiert etwas beim Gegner und auch im Stadion“, sagte Trainer Florian Kohfeldt später. In der Tat: Als der Liebling der Fans am Samstag in der 67. Minute den Platz betrat, stand das ausverkaufte Weserstadion erstmals kopf, obwohl die Partie eigentlich gerade dahinplätscherte. Fortan wirkte Werder deutlich gefährlicher, setzte offensiv auf Flanken aus dem Halbfeld, und Pizarro bewies immer wieder seinen Instinkt dafür, von wo aus er gefährlich werden kann. So auch beim Ausgleichstor in der 85. Minute, als der agile Milot Rashica von links flankte, Pizarro ganz knapp mit dem Kopf verpasste, Theodor Gebre Selassie davon profitierte und am langen Pfosten zum 1:1 einnickte.
„Seine Leistung spricht für sich. Er wird in den nächsten Spielen treffen“, meinte der Tscheche, der Werder nach dem 0:1 durch Hendrik Weydandt (76. Minute) vor einem Fehlstart bewahrte. „Erst mit Claudio wurden wir gefährlicher“, erkannte Kohfeldt.
Pizarros Auftritt war ein Lichtblick, ansonsten zeigten die Bremer jede Menge Stückwerk. Gelungenen Dribblings folgten leichte Fehler, gewonnenen Zweikämpfen unkonzentrierte Abspiele. „Die Aufgabe war, einen guten Mix aus Kontrolle, Geduld und Tempo zu finden. Kontrolle und Geduld haben gut geklappt, das Tempo hat gefehlt“, analysierte Kohfeldt. Von einem Rückschlag wolle er nicht sprechen, von Zufriedenheit aber beileibe auch nicht. „Wir wollten ein Ergebnis, jetzt haben wir zumindest ein Teilergebnis“, lobte er die Moral seiner Elf, die nach dem überraschenden Rückstand gegen defensiv starke aber offensiv harmlose 96er alles nach vorn
warf. „Wenn man sich die Höhepunkte ansieht, hatten wir schon genug Chancen. Aber das Remis ist verdient“, meinte der Trainer.
Der Mut der sportlichen Führung, Europa als Ziel auszurufen, hatte sich insgesamt noch nicht auf die Mannschaft übertragen. Nach guten ersten 15 Minuten stagnierte Werder in der Offensive, lief sich regelmäßig in den beiden Viererketten der Gäste fest. „Wir sind schon enttäuscht, aber wir laufen jetzt nicht mit hängenden Köpfen durch die Gegend“, betonte Rekordtransfer Davy Klaassen. Auch der Niederländer zeigte allenfalls in Ansätzen, dass er die Bremer Offensive künftig beleben kann.
Kruses Einsatz fraglich
Wer am kommenden Samstag (15.30 Uhr) bei Pokalsieger Eintracht Frankfurt jenen Sturm anführt, ist indes noch offen. Max Kruse musste gegen Hannover das Feld nach 52 Minuten humpelnd verlassen. Der Kapitän hatte einen Schlag auf den Oberschenkel bekommen. „Es ist nichts Dramatisches“, betonte Kohfeldt am Sonntag, er sei guter Hoffnung, dass Kruse „am Mittwoch oder Donnerstag wieder ins Training einsteigen kann“. Es gebe jedoch ein „Restrisiko“für die Partie in Frankfurt.