Furioser Abend mi( Bee(hoven
Teodor Currentzis setzt virtuose Akzente beim Musikfest Bremen
Das Orchester Musicaeterna spielte unter der Leitung von Currentzis die Sinfonien 5, 6 und 7 von Ludwig van Beethoven. Das >ublikum in der Glocke ?ubelte.
BREMEN – Irgendwie ist Ludwig van Beethoven (1770–1827) ja längst Bremer. Klar, der Mann stammt aus Bonn und wirkte hauptsächlich in Wien. Seine Sinfonien jedoch hat die Deutsche Kammerphilharmonie mit an die Weser genommen. Mit ihren weltweit gefeierten Aufnahmen gilt das Bremer Orchester als das Beethoven-Ensemble schlechthin.
Ganz schön mutig also von Teodor Currentzis und dem 2004 von ihm gegründeten Orchester Musicaeterna, ausgerechnet in Bremen, bei der Eröffnung des Musikfests, Beethoven zu spielen. Mit den Sinfonien 5, 6 und 7 haben die Russen gleich drei dicke Schlachtrösser im Gepäck.
Diese waren nicht in einem
Rutsch, sondern verteilt über einen langen Abend zu hören. In der „Großen Nachtmusik“wurde viel musiziert und zwischen den Konzerten reichlich flaniert. Um Dom, Rathaus und Roland, an neun historischen Spielstätten und in drei Zeitschienen, begann die prachtvoll illuminierte Altstadt zu klingen.
Dass es an diesem Abend eher kühl und nass blieb, störte da kaum. Schließlich hatten die Besucher genug Gelegenheit, sich an der grandiosen Klangvielfalt zu erwärmen. Bei aller „Klassik“-Orientierung des Musikfestes Bremen gab es auch in diesem Jahr Raum für Populäres – etwa das Crossover-Projekt Spark, das klassische Vorbilder frisch tanzbar abmischt. Mit dem Omer Klein Trio und der Richard Bona Group ließen sich daneben gleich zwei namhafte Jazzensembles hören.
Ein Bestandteil der „Großen Nachtmusik“war auch in diesem Jahr die historische Aufführungspraxis, etwa mit der belgischen Legende Jos van Immerseel und seinem Ensemble Anima Eterna. Die Musiker aus Brügge dehnen ihren Originalklang-Ansatz längst auch auf die Romantik aus und spielten im Rathaus mit großem Verve SaintSaOnsP Karneval der Tiere. Dass sich auch bei der so schillernden Musikfesteröffnung noch grandiose Entdeckungen machen lassen, zeigte das Concerto Romano: Mit ihrem Leiter Alessandro Quarta präsentierten die Italiener geistliche und weltliche Musik um 1600 aus einer Armenkirche im römischen Vallicella – wunderbare, zugängliche, bisweilen bewegende Klangraritäten, mit anmutiger Lebendigkeit und klanglicher Delikatesse musiziert. Ein heimlicher Höhepunkt des „Großen Nachtmusik“.
Und Currentzis? Natürlich lässt sich der junge Stardirigent nicht vergleichen – sein Beethoven ist einfach zu individuell und jenseits bisheriger Normen. Mit einem Dirigat, das mehr einem Ausdruckstanz glich, animierte er das junge und hochvirtuose, weitgehend im Stehen spielende Orchester zu einer äußerst sportlichen Siebten, in der es immer wieder um Kontraste und Ausdrucksextreme ging. Hier und dort mag dies ein paar Farben und Nuancen kosten, aber bitte – am Ende des grandiosen High-SpeedFinales lag ihm das jubelnde Publikum in der Glocke zu Füßen.