Nordwest-Zeitung

„McCain hat Trump verachtet“

US-–ournalist sieht Trump heimlich über Tod des US-Senators jubeln

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

FRAGE: Herr Johnston, nach dem Tod von US-Senator John McCain kommt keinerlei %ürdigung von Donald Trump, mit wenigen %orten kondoliert der US-Präsident per Twitter der Familie. %as steckt dahinter?

JOHNSTON: Dass Trump keine würdigende­n Worte für die herausrage­nden Leistungen McCains findet, ist erbärmlich, aber keine Überraschu­ng. McCain hatte Trump immer wieder vorgeführt, vor allem dessen verheerend­e Außenpolit­ik scharf kritisiert. McCain hatte als Kriegsvete­ran große Erfahrung, Trump wirkt demgegenüb­er wie ein dummer Schuljunge. Mit McCain haben die Republikan­er einen ihrer weisesten Außenpolit­iker verloren. Der verstorben­e Senator hat Trump verachtetu­ndvorseine­mTod festgelegt, dass der Präsident nicht zu seiner Beerdigung kommen darf. Das sagt alles. FRAGE: %ird McCains Tod politische Konse-uen.en haben?

JOHNSTON: Trump dürfte insgeheim jubeln. Als Vorsitzend­er des Streitkräf­teausschus­ses war McCain bis zuletzt ein politische­s Schwergewi­cht und nutzte seinen Einfluss, um den US-Präsidente­n in die Schranken zu weisen. Den Posten übernimmt mit dem Republikan­er James M. Inhofe nun ein Claqueur Trumps. Es ist absehbar, dass das den Widerstand gegen die irrlichter­nde Sicherheit­spolitik des Präsidente­n weiter schwächen wird.

FRAGE: Muss Trump nach den /orwürfen seines E0-1nwalts Michael Cohen, er habe im %ahlkampf Schweigege­ld an Frauen ge.ahlt, um sein 1mt bangen?

JOHNSTON: Cohens Geständnis bringt Trump in ganz massive Schwierigk­eiten. Es verdichten sich die Hinweise, dass der US-Präsident mehrere schwere Verbrechen in Auftrag gegeben hat. Das gibt den Demokraten Munition für ein Amtsentheb­ungsverfah­ren wegen Hochverrat­s oder Amtsvergeh­en. Theoretisc­h könnte dies in eine Prozess und in eine Verurteilu­ng Trumps zu einer Haftstrafe münden. Allerdings gibt es eine Debatte darüber, ob ein amtierende­r Präsident angeklagt werden kann.

FRAGE: Für den Start eines 1mtsentheb­ungsverfah­rens brauchen die Demokraten die Mehrheit im 2epräsenta­ntenhaus3

JOHNSTON: Gemäß der politische­n Gemengelag­e und des geschichtl­ichen Kreislaufe­s müssten die Demokraten die Zwischenwa­hlen im Herbst gewinnen – im Repräsenta­ntenhaus und im Senat. Das Problem ist: Seit Jahrzehnte­n versäumt es die Partei, ihre Wähler zu mobilisier­en und dafür zu sorgen, das ausreichen­d Offizielle die Stimmabgab­e überwachen. Allerdings treten diesmal viele Frauen an, die von örtlichen Initiative­n unterstütz­t werden. Die Demokraten haben offenbar verstanden, dass man die Menschenvo­rOrtanspre­chen muss, damit sie zur Wahl gehen.

FRAGE: 4aut 5%ashington Post6 hat Trump in seiner 1mts.eit schon mehr als 7888 Mal gelogen. Nun be.ichtigt er selbst seinen E0-1nwalt Cohen der 4üge. %em ist eher .u trauen?

JOHNSTON: Unter Trump ist die US-Politik zu einem Schmierent­heater verkommen. Der Präsident hat die Republikan­er–einstdiese­riöse Partei der Geschäftsl­eute und Konservati­ven – in einen Kultverein von Trump-Anhängern verwandelt. Immer mehr Prominente kehren der „Grand Old Party“den Rücken. Einige Republikan­er haben sogar zur Wahl demokratis­cher Kandidaten im November aufgerufen.

FRAGE: Trump-9egner und ein Sonderermi­ttler suchen fieberhaft nach :eweisen für illegale 2ussland-/erbindunge­n des Präsidente­n. %erden sie noch etwas finden? JOHNSTON: Oh, es gibt schon viele Beweise für die Russland-Connection des TrumpTeams. Die offene Frage ist: Lassen sie sich so erhärten, dass der Präsident wegen Verrat, Bestechung oder Amtsvergeh­en angeklagt werden könnte. Denken Sie an eine EMail über ein Treffen einer russischen Delegation mit Donald Trump Junior, die im Juni 2016 aufgetauch­t war. Darin ist von „sensiblen Informatio­nen von höchster Ebene“über „die Unterstütz­ung von Herrn Trump durch Russland und seine Regierung“die Rede. In den USA ist es streng verboten, im Wahlkampf irgendetwa­s Wertvolles von einer ausländisc­hen Regierung anzunehmen. Trump und seine Familienan­gehörigen haben mindestens sieben verschiede­ne Geschichte­n über das Treffen von Trumps Sohn mit den Russen präsentier­t. Jede neue Version widerspric­ht der vorherigen. Ich erwarte, dass Donald Trump Junior deswegen angeklagt werden wird.

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