Wie Rayan Bybo Lehrling wurde
Integrationsprojekt IHAFA hilft Flüchtlingen auf Weg ins Handwerk
Der 18-Jährige aus dem Irak ist seit 1. August Azubi im Autohaus Heinemann. Dabei punktet er mit Mut und Fleiß.
WARDENBURG – „Es gefällt mir sehr, die Gesellen sind sehr nett“, sagt Rayan Bybo und lächelt ein wenig. Der 18-Jährige ist einer der beiden neuen Auszubildenden zum Kfz-Mechatroniker im Autohaus Heinemann in Wardenburg. Und doch ist bei ihm alles ein wenig anders: Bybo lebt erst seit drei Jahren in Deutschland. Mit seiner Familie ist er aus dem Irak geflohen. Nun wohnt er in Wardenburg, spielt Fußball in der zweiten Mannschaft des VfR und ist in den vergangenen zwei Jahren zur IGS gegangen.
Dort hörte er bei einem Besuch von Hussein Kerri, Integrationsberater bei der Handwerkskammer Oldenburg, von dem Integrationsprojekt „Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber“(IHAFA). An dem Programm, das das Land Niedersachsen im Rahmen der Fachkräfteinitiative unterstützt, beteiligt sich die Handwerkskammer. Bybo nahm Kontakt zu Kerri auf und bekam in einem persönlichen Gespräch einen ausführlichen Einblick in die duale Ausbildung. Insgesamt 140 Flüchtlinge aus acht Herkunftsländern (Irak, Iran, Syrien, Afghanistan, Nigeria, Pakistan, Somalia und Eritrea) wurden durch das Projekt seit dessen Start im November 2015 vermittelt.
Positiver Eindruck
„Rayan hat sich im April aus eigener Initiative bei uns vorgestellt“, sagt Jens Speckmann, Kfz-Mechatronikmeis2375 ter und Ausbilder im Autohaus. Nach drei Tagen Probearbeit stellte er fest: „Rayan hat einen sehr positiven ersten Eindruck gemacht.“Gemeinsam mit Geschäftsführer Torsten Schultheiss entschied er, Bybo eine Chance zu geben – und einen zusätzlichen Ausbildungsplatz zu schaffen. Insgesamt hat das Autohaus nun sieben Azubis. „Dass jemand sich persönlich vorstellt, kommt zwar vor, aber auch nicht ständig – das war mutig und hat mich beeindruckt“, sagt Schultheiss.
Ihm sei mit den Formalitäten überall weitergeholfen worden, sagt Speckmann. Und: Bybo hat einen anerkannten Aufenthaltsstatus mit Beschäftigungserlaubnis. „Er ist handwerklich begabt. Alles, was ich ihm gezeigt habe, hat er gleich verstanden und hat dann von sich aus weiter gearbeitet. Er zeigt großen Ehrgeiz“, lobt Geselle und „Ausbildungspate“Sebastian Timpe. Nur: „Das Fachtechnische zu vermitteln, ist ein bisschen schwieriger, aber er ist pfiffig. Rayan kommt auch nach der Schule vorbei und führt hier sein Berichtsheft.“Dann sitze er im Werkstattbüro. „Wenn er Fragen hat, besprechen wir sie oder gehen das Berichtsheft gemeinsam durch“, sagt Speckmann. Viel Wissen erschließe sich Bybo durch das Internet. „Die Lehrer reden zu schnell. Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich nach. Die Deutsche Sprache ist auch schwer“, sagt Bybo.
Fachkräfte benötigt
In diesem Jahr haben 180 Flüchtlinge (2017: 140) eine Ausbildung in einem der 3000 Ausbildungsbetriebe im Kammergebiet begonnen, sagt Wolfgang Jöhnk, Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer. Davon kommen 35 aus dem IHAFA. Von den aktuell insgesamt Azubis sind etwas mehr als sieben Prozent Flüchtlinge. Rund 300 Plätze werden offen bleiben.
„Es ist ein steiniger Weg, aber es lohnt sich“, sagt Jöhnk zum Projekt. Es sei eine Winwin-Situation: „Wir brauchen Fachkräfte.“Die duale Ausbildung, die in vielen Herkunftsländern unbekannt sei, gebe eine Perspektive. „Warum sollten wir nicht die hier leben lassen, die bereits hier sind, eine Ausbildung und sich integriert haben?“, fragt Jöhnk und fordert: „Wir brauchen eine gesetzliche Regelung. Die Bundesregierung ist dazu aufgefordert, möglichst schnell etwas zu machen.“
Im Irak ist Bybo neun Jahre zur Schule gegangen, in Deutschland zwei. Er ist wissbegierig. Hat er sich schon früher für Autos interessiert? „Ja!“, sagt Bybo, lacht wieder und widmet sich mit Timpe einem Auto in der Werkstatt.
Mehr Infos unter www.ihafa.de