Mst die Zeit der Umstellung abgelaufen?
Warum das Thema umstritten ist und welche Folgen die Abschaffung haben würde
,ie Ankündigung von Jean-Claude Juncker, die Zeitumstellung abzuschaffen, wirft viele Fragen auf. Sicher ist aber: Eine einheitliche Uhrzeit wird es auch in Zukunft in der EU nicht geben.
BRÜSSEL – m März eine Stunde vor, im Oktober eine Stunde zurück – seit Jahrzehnten wird in der Europäischen Union zweimal im Jahr die Zeit umgestellt. Doch nun scheint das Ende dieser seit Jahren umstrittenen Regelung absehbar. Das wirft eine ganze Reihe von Fragen auf.
Wird die Zeitumstellung nun wirklich abgeschafft
Wahrscheinlich schon, aber noch nicht sofort. Die EUKommission hat zunächst einmal nur ein Vorschlagsrecht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen noch zustimmen. Wenn das noch vor Ende der Legislaturperiode im Mai 2019 passieren soll, müssen sie sich beeilen. Die Befürworter der Abschaffung sind sich sicher, dass es im EU-Parlament eine Mehrheit dafür gibt. Im Rat der Mitgliedsländer ist die Lage unübersichtlicher. Auch Deutschland hat sich bisher nicht positioniert.
Die Kommission hatte stets betont, dass das Votum in ihrer Online-Umfrage nicht bindend sei. Nun will sie ihm aber nach Junckers Angaben trotzdem folgen.
Wollen die Bürger die Abschaffung wirklich
Das wollte die EU-Kommission mit der Online-Umfrage herausfinden und das Ergebnis war eindeutig: Wie diese Woche bereits durchsickerte, wollten mehr als 80 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer ein Ende des Hin und Her zweimal im Jahr. Die Umfrage war allerdings nicht repräsentativ – es konnte jeder mitmachen, und die Vermutung liegt nahe, dass sich vor allem Menschen mit einer sehr klaren Meinung beteiligten. Allein drei Millionen der 4,6 Millionen Antworten kamen aus Deutschland, wo offensichtlich besonders viele Gegner der Umstellung sitzen: In einer repräsentativen ForsaUmfrage vom März sprachen sich in Deutschland 73 Prozent der Befragten für die Abschaffung der Zeitumstellung aus.
Warum gibt es den Wechsel überhaupt
Eigentlich soll das Tageslicht besser genutzt werden. In Deutschland gab es die Sommerzeit schon mehrfach. Zuletzt wurde sie 1980 wieder eingeführt. Unter dem Eindruck der Ölkrise von 1973 hatte man die Hoffnung, auf diese Weise Energie zu sparen. Ein weiterer Grund war die Anpassung an die Nachbarländer, die diese Regelung schon hatten. Seit 1996 gibt es eine einheitliche EU-weite Regelung. Seitdem beginnt die Sommerzeit Ende März und hört Ende Oktober auf. In dieser Zeit ist es abends eine Stunde länger hell.
Warum sind die Kritiker gegen die Zeitumstellung
Sie argumentieren, dass tatsächlich keine Energie gespart wird. Laut Umweltbundesamt schalten die Deutschen im Sommer zwar wegen der Zeitumstellung abends seltener das Licht an – im Frühjahr und Herbst wird morgens allerdings mehr geheizt. Mediziner sehen zudem Risiken für die Gesundheit. In einer repräsentativen Studie des Forsa-Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit gab im Frühjahr rund ein Viertel der Befragten an, schon einmal gesundheitliche Probleme wegen der Zeitumstellung gehabt zu haben.
Was passiert, wenn der Gesetzesvorschlag wirklich beschlossen wird
Sollte das Hin und Her tatsächlich abgeschafft werden, könnte jedes Land für sich entscheiden, ob es dauerhaft die Standardzeit – also Winterzeit – oder die Sommerzeit einführen möchte. Diese Entscheidung, welche von beiden Zeiten dauerhaft gilt, ist eine nationale Angelegenheit und würde von einer Abschaffung der Zeitumstellung nicht berührt.
Würde das nicht zu einem Flickenteppich der Zeit in der EU führen
Gut möglich, dass es noch mehr zeitliche Unterschiede geben würde. Spanien etwa würde wohl kaum die Sommerzeit beibehalten – denn dann würde die Sonne in Madrid im Winter erst gegen 9.30 Uhr aufgehen. In der Online-Umfrage wollte hingegen eine Mehrheit die dauerhafte Sommerzeit. SchonjetztgibtesdreiZeitzonen in der EU. In Deutschland und 16 weiteren Staaten gilt die Mitteleuropäische Zeit (MEZ). Darunter sind die Niederlande, Belgien, Österreich, Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien, Polen und Spanien. Acht Länder – Bulgarien, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Litauen, Rumänien und Zypern – sind eine Stunde voraus: dort gilt die Osteuropäische Zeit (OEZ). Drei Staaten sind eine Stunde zurück, nämlich Irland, Portugal und Großbritannien, wo die Westeuropäische Zeit (WEZ) gilt.
Ein Video
mit ommentaren von Oldenburgern zur Zeitumstellung finden Sie im Internet:
bit.ly/nwz-zeitumstellung
„Ich freue mich, wenn die Kommission dieses Votum ernst nimmt ANGELAMERKEL Bundeskanzlerin
„Die Menschen wollen das, wir machen das JEAN-CLAUDE JUNCKER, EU- ommissionspräsident
„Millionen Europäer haben die öffentliche Konsultation genutzt, um sich Gehör zu verschaffen. Die Botschaft ist sehr deutlich VIOLETA BULC, EU- ommissarin
„Ich bin begeistert. Die EU-Kommission reagiert auf das eindeutige Votum der Online-Befragung“PETER LIESE, EU-Abgeordneter der CDU
„Die Uhrumstellung hat keine Vorteile gebracht, sie ist einfach nur lästig. Jeder, der Tiere oder Kinder hat, weiß, wie viel Ärger die zweimalige Zeitverschiebung mit sich bringt“MARTIN HÄUSLING, EU-Abgeordneter der Grünen
„Klasse, dass sich Millionen von Bürgerinnen und Bürger aktiv an europäischer Politik beteiligen. Außerdem scheint die EU-Kommission in diesem Fall einmal sehr schnell zu reagieren ISMAIL ERTUG, EU-Abgeordneter der SPD