Schiedsrichter erweitert sein Amt
Schwede Lahyani gibt strauchelndem Profi Kyrgios plötzlich Tipps
Die Aufregung um den Unparteiischen ist groß. Darf dieser bei einem Spieler Motivationshilfe leisten?
NEW YORK – Als Mohamed Lahyani vom Schiedsrichterstuhl kletterte, trauten die Fans an den Bildschirmen erst ihren Augen und dann ihren Ohren nicht mehr. „Ich will Dir helfen. Ich habe Deine Matches gesehen, Du tust dem Sport gut“, sagte der Schwede mit marokkanischen Wurzeln gut hörbar über die TV-Mikrofone zum schwächelnden australischen Tennisprofi Nick Kyrgios. Ein Unparteiischer als Motivationshelfer?
Der bizarre Rollenwechsel bei den US Open dürfte Folgen haben.
„Es tut mir Leid, aber er sollte sofort zurücktreten“, erklärte etwa der frühere Tennisstar Pat
Cash, auch wenn sein Landsmann Kyrgios von der fragwürdigen Aktion profitierte. Beim Stand von 4:6, 0:3 aus Sicht des 23Jährigen hatte Lahyani sich auf den Court begeben und als Einflüsterer losgelegt, am Ende gewann Kyrgios das Zweitrundenmatch gegen Pierre-Hugues Herbert aus Frankreich 4:6, 7:6 (8:6), 6:3, 6:0.
Den Vorwurf, Lahyani habe ihn gecoacht, bezeichnete Kyrgios später als „lächer- lich“. Auch wenn die aufmunternden Worte in Flushing Meadows Wirkung gezeigt hatten. Das Gespräch habe ihm überhaupt nicht geholfen. Was hätte er auch sonst sagen sollen?
Für Herberts Geschmack hatte der Referee dennoch eine Grenze überschritten. Wie ausschlaggebend das für den Ausgang des Matches war, wollte er aber nicht bewerten: „Alles, was ich weiß, Der schwedische Schiedsrichter Mohamed Lahyani (großes Bild, bei einem Turnier in Madrid) redete bei den US Open motivierend auf den sitzenden Nick Kyrgios ein (kleines Bild). ist, dass Nick von diesem Zeitpunkt an ein anderer Spieler war.“
Oberschiedsrichter Brian Earley ließ über den amerikanischen Tennisverband USTA mitteilen, dass sich Lahyani nur nach Kyrgios’ Gesundheit erkundigen wollte und aufgrund der Lautstärke auf dem Platz vom Stuhl gestiegen sei. Das wiederum ärgerte Verlierer Herbert. „Die wollen uns wohl auf den Arm nehmen“,
twitterte der 27-Jährige. Herbert kritisierte Lahyani, beruhigte allerdings auch die Gemüter. „Er hat einen Fehler gemacht. Dafür sollte er bestraft werden. Aber er ist auch nur ein Mensch so wie ich. Auch ich mache Fehler“, sagte Herbert. Die USTA erklärte indessen, dass Lahyani weiterhin Spiele leiten dürfe.
„Wann gibst Du bekannt, dass Lahyani dein neuer Trainer ist?“, fragte Tennisprofi Andy Murray scherzhaft in Richtung von Kyrgios. Etwas ernsthafter als der Brite ging Kyrgios’ nächster Gegner mit dem Thema um. „Ein Schiedsrichter sollte seinen Stuhl nicht verlassen“, sagte der Schweizer Roger Federer: „Ich weiß nicht, was er gesagt hat, es ist mir auch egal. Er war zu lange unten, es war ein Gespräch, das kann deine ganze Denkweise ändern.“