Theater bringt Orwell auf Bühne
Luise Voigt inszeniert „1984“am Staatstheater – Nah an Vorlage
Das weitsichtige Stück wird im Kleinen Haus gespielt. ür die Premiere am Sonntag gi t es noch Restkarten.
OLDENBURG – DBig Brother is watching you!“– Dieser englischsprachige Ausspruch (zu dt. „Der Große Bruder sieht dich“), der bei uns als geflügeltes Wort die Überwachungsund Kontrollmechanismen eines Staates kritisiert, stammt ursprünglich aus dem weltbekannten Roman „1984“von George Orwell, der in einer Bühnenfassung von Luise Voigt an diesem Sonntag im Oldenburgischen Staatstheater Premiere feiert.
„Ozeanien“heißt der fiktive, totalitäre Überwachungsstaat aus Orwells Dystopie. In jeder Wohnung, an jedem öffentlichen Ort sind sogenannte „Televisoren“installiert. Große Bildschirme, über die die Bevölkerung pausenlos beobachtet und abgehört werden kann. Wer sich eines „Denkverbrechens“schuldig macht und nicht die richtige Einstellung zu Staat, Partei und dem „Großen Bruder“hat, wird „vaporisiert“. Winston Smith (gespielt von Klaas Schramm), ein einfacher Staatsbediensteter, beginnt am System zu zweifeln. Mit der Genossin Julia (Franziska Werner) lässt er sich auf eine Liebesbeziehung ein, die aus staatlicher Sicht ein furchtbares Verbrechen darstellt.
„In der Inszenierung des Stückes von Luise Voigt bilden Fremdheit und Undurchschaubarkeit die zentralen Aspekte“, wie Dramaturg MarcOliver Krampe erläutert. Die Bewohner Ozeaniens wissen nie, wie sie sich verhalten sollen, leben in ständiger Angst und Unsicherheit. „Man muss über eine Zuspitzung von Verhältnissen, wie wir sie kennen, hinausgehen, um das zu erreichen. Wir haben versucht eine fremde, eigentümliche Welt zu erschaffen“, verrät Krampe. Dafür kommen verschiedene Medien (Sounddesign, Kostüme, Halbmasken, Videografie) zum Einsatz, die eng ineinandergreifen und eine dichte Atmosphäre erzeugen sollen.
Von besonderer Bedeutung ist auch der Einsatz der russischen Schauspielmethode „Biomechanik“, die in den 1920er Jahren von Wsewolod Meyerhold entwickelt wurde. Laut Krampe geht es bei der Biomechanik vor allem um die Effizienz und die Logik einer Bewegung. Alles wird sehr bewusst gesteuert und ausgeführt, gleichzeitig werden Bewegungen sehr vergrößert und verdeutlicht. „Das ist für die Bewohner Ozeaniens äußerst wichtig. Sobald sie nicht lesbar sind, machen sie sich verdächtig. Jede Bewegung muss klar sein, damit man für das System kontrollierbar bleibt. Von daher passt die Biomechanik extrem gut zu dieser Welt.“
Regisseurin Voigt orientiert sich mit ihrer Fassung sehr viel dichter am Roman als bereits vorhandene Theaterversionen. Sie hat sich an das englische Original gehalten und zunächst eine englische Bühnenfassung geschrieben, die sie mit Hilfe der deutschen Erstübersetzung ins Deutsche übertragen hat. Dieser komplizierte Weg hat den Hintergrund, dass neuere Texte sehr viel gefälliger ausfallen, während Orwells Sprache im Original noch sehr merkwürdig und fremd daherkommt. Genau das Richtige also, um die fremde Welt, die hier auf die Bühne gebracht werden soll, darstellen zu können.